Fachartikel

Who you gonna call? – ein Blick auf Legal Operations bei Linklaters und darüber hinaus

Legal Operations ist in aller Munde und treibt Rechtsabteilungen und Kanzleien um. Die Theorie definiert Handlungsfelder und Kernkompetenzen. Doch wie sieht es in der Praxis aus und wie bringt man Legal Operations seinen Stakeholdern näher? Ein Blick auf die Struktur bei Linklaters und Gedanken zur Rolle und Implementierung von Legal Operations.

Ich war neulich auf einer Veranstaltung, auf der sich – wenig überraschend – vornehmlich Juristen tummelten. Als ich erzählte, ich arbeite im Legal Operations, konnte mein Gegenüber nicht sofort einordnen, was das wohl beinhaltet. Nach einer kurzen Pause der Geistesblitz: „Ach, das sind die, die man anruft, wenn man einen neuen Laptop braucht, richtig?“. Fast.

Zugegeben, die meisten, die im Rechtsmarkt tätig sind, können etwas mehr mit dem Begriff Legal Operations anfangen. Und wiederum auch nicht. Denn wie man den Begriff definiert und insbesondere wie man die Definition dann in unternehmerische Praxis umsetzt unterscheidet sich nicht nur zwischen Unternehmen und Kanzleien, sondern auch in jeder Kanzlei. Das mag teilweise daran liegen, dass viele gerade beginnen Kapazitäten aufzubauen und ihre Organisationsstrukturen umzustellen. Das funktioniert nicht disruptiv, sondern häufig indem jemand, der sich für das Thema interessiert, größere Verantwortung übernimmt und dann Strukturen über die Zeit wachsen.

Natürlich gibt es zu dem Thema eine Reihe von Definitionen, Handlungsfeldern und Kompetenzen. Durch die Vielzahl von Feldern kommt es aber dazu, dass Unternehmen und Kanzleien, die für sich wichtigen Schwerpunkte rauspicken und unterschiedliche Rollenprofile und Teamstrukturen kreieren. Kernelemente sind dabei eine bessere Arbeitsteilung, optimierte Prozesse und eine verbesserte interdisziplinäre Zusammenarbeit.

Was heißt das konkret? Bei Linklaters (in Deutschland) ist Legal Operations das Dach, welches auf drei Säulen ruht:

Alternative Legal Services (ALS): Hierzu zählen die Bereiche Legal Project Management, Legal Technology sowie Wirtschaftsjuristen bzw. Transaction Lawyer (TLs). Die Arbeit der Kolleginnen und Kollegen in diesem Bereich findet auf dem Mandat statt, ist abrechenbar und zielt auf die Verbesserung der Abläufe, Arbeitsteilung, Kommunikation, Planbarkeit und Budgetsicherheit ab. Durch den Einsatz von Technologie wird beispielsweise die Due Diligence besser planbar und übersichtlicher. Dokumente werden teilweise von KI-Technologie auf Sprachen, anwendbares Recht und bestimmte Klauseln geprüft und so der Anwalt bei der Review unterstützt. Projektmanager helfen dabei Pläne zu erstellen und viel wichtiger, einzuhalten. TLs helfen dabei den Ressourceneinsatz zu optimieren. Schon Adam Smith schrieb in seinem „Wohlstand der Nationen“, dass die Arbeitsteilung den größten Effekt auf die Verbesserung der Produktivität habe (der Verfasser ist Volkswirt).

Innovation & Effizienz: Während es bei ALS eher um das Hier und Jetzt geht, versuchen wir im Rahmen dieser Säule langfristige Veränderungen anzustoßen und umzusetzen. Dazu gehören Themen wie Prozessoptimierung und die Einführung von Legal Tech Lösungen – und als jüngstes Beispiel Überlegungen rund um das Thema Generative AI. Auch das Thema Dokumentenautomatisierung zählt dazu – weniger aufgrund seines innovativen Charakters (die einschlägigen Lösungen gibt es bereits seit über 20 Jahren), sondern aufgrund des großen Potenzials zur Effizienzsteigerung. Last but not least, gehört dazu aber auch das Thema Change Management, was sicherlich am schwierigsten zu greifen, allerdings essenziell für einen nachhaltigen Wandel ist.

Knowledge & Information (K&I): Diese Säule ist die älteste, aber nicht weniger wichtig. Insbesondere in Zeiten wahrer Reiz- und Informationsüberflutung sowie zunehmender Digitalisierung und erwartbarer weiterer Disruption durch generative KI, ist der Bereich K&I im ständigen Wandel und liefert sowohl in der Kanzlei als auch für unseren Mandanten maßgeschneiderte und innovative Dienstleistungen. Dazu zählen die Bereiche Information & Research und Knowledge Management (intern wie extern).

Wo wir gerade davon sprechen: Das Feld der generativen KI bietet freilich große Chancen, kann aber auch ablenken von dringend benötigten kleineren und größeren Veränderungen.

Die drei Bereiche arbeiten nicht isoliert, sondern stehen im ständigen Austausch miteinander, den Praxisgruppen und anderen Teams wie Controlling, HR und Marketing/BD. Das zeigt sich beispielsweise bei der Mandatsakquise, beim Thema Brand, im Bereich Learning, sowie mit Blick auf Pricing. Insofern berührt Legal Operations eine Vielzahl von Themen und bedient viele Schnittstellen, was einerseits einen Mehrwert schafft, andererseits aber auch verwirrend sein kann, weil nicht immer eine trennscharfe Abgrenzung möglich ist.

Es stellt sich also die Frage, wie bringt man die Tätigkeiten und den Nutzen den Anwältinnen und Anwälten in einer Kanzlei näher? Und dann sind da ja auch noch die Mandanten, die sich bereits mehr oder weniger mit dem Thema Legal Operations befassen und eine vielleicht ganz andere Auffassung davon haben, was Legal Operations zu leisten hat. Mein Eindruck ist, dass Legal Operations in Unternehmen und Kanzleien sehr unterschiedlich gelebt wird.

Auch hier ist die Antwort wie so oft: Es kommt drauf an. Meiner Meinung nach müssen die einzelnen Bestandteile einer Legal Operations Funktion klar definieren können, was ihre Arbeit umfasst und ihr Mehrwert ist. Je höher man aber auf das Thema blickt, desto allgemeiner kann der Begriff formuliert werden, auch um einen möglichst holistischen Blick auf die Kanzlei zu haben und Zusammenhänge zu verstehen. Wichtig ist, dass Anwälte und Anwältinnen verstehen, dass es eine Funktion gibt, die sich mit Verbesserung und Veränderung beschäftigt und als Ansprechpartner dient.

Fragt man ChatGPT nach der Definition von Legal Operations in einem Satz, erhält man die Antwort: „Legal Operations ist ein Ansatz, der darauf abzielt, die Effizienz, Effektivität und Transparenz der Rechtsabteilungen durch die Verwendung von Technologie, Prozessen und Methoden zu verbessern.“ Zusätzlich zu der Tatsache, dass Kanzleien für die KI scheinbar keine Rolle spielen, kann diese Definition bspw. auch auf die IT zutreffen. Insofern war die Frage meines Gegenübers bei eingangs erwähnter Veranstaltung vielleicht gar nicht so abwegig.

Wenn Legal Operations den Anspruch hat die Kanzlei als Ganzes zu verstehen und zu verbessern, landen automatisch allerlei Anfragen auf dem Tisch. Was zählt ist, die richtigen Ansprechpartner und Teams zu kennen und im Sinne einer effizienten Arbeitsteilung und interdisziplinären Zusammenarbeit zu involvieren. Ich persönlich versuche den Kollegen immer mitzugeben, dass sie sich an mich und mein Team wenden sollen, wenn sie merken, dass sie etwas tun, was ineffizient erscheint oder nicht den Kern ihrer anwaltlichen Tätigkeit umfasst. Oder um es mit Ray Parker Jr. zu sagen: “If there‘s something weird, And it don‘t look good, Who you gonna call?”

Autor: Claudio Flocke ist Senior Manager im Legal Operations Team von Linklaters und betreut die Themen Legal Project Management und Legal Technology in Europa.

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