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Legal AI: Was kann sie, was kann sie nicht? Werbeintrag

ChatGPT ist momentan in aller Munde. Was verständlich ist. Denn: Die Chatbot-basierte AI liefert erstaunliche Textergebnisse. Rund um den Globus testen Menschen die Möglichkeiten von ChatGPT aus. Die Aufregung über die Kapazitäten von AI ist berechtigt. In gewissen Bereichen, insbesondere in Quantität und Effizienz, ist sie dem Menschen weit überlegen. Trotzdem gibt es vor allem im juristischen Bereich viele Aufgaben, die der Mensch noch übernehmen sollte.

ChatGPT, also Generative Pre-Training Transformer, ist nur eines von vielen vortrainierten Large Language Models, welches das Potenzial von AI deutlich macht. Auf spezifische Anwendungsbereiche trainiert, liefert AI den Unternehmen Effizienz- und Produktivitätsgewinne. AI, die gezielt für spezielle Use Cases trainiert wurde, liefert präzise und zuverlässige Ergebnisse. Gerade im juristischen Bereich ist der Einsatz von AI prädestiniert, denn hier werden Daten aus einer grossen Menge Text gesucht.

Die grosse Frage, die sich stellt, ist: Was kann Legal AI und wie lässt sie sich richtig anwenden? Unternehmen wie Legartis haben jahrelange Erfahrung im Training von Legal AI, insbesondere im Bereich der Vertragsprüfung. Hier gibt Vivienne Clement, Product Manager Application, einen Einblick in die Kompetenzen von Legal AI.

Definition Legal AI

Legal Artificial Intelligence (AI) bezeichnet die Nutzung von AI Technologie im Rechtswesen. Ihre Anwendungsbereiche unterscheiden sich dabei: Legal AI Systeme können darauf trainiert sein, Voraussagen über Fälle zu geben oder administrative Prozesse zu erleichtern. AI im Rechtswesen kann aber ebenfalls darauf spezialisiert sein, bei juristischen Recherchen zu unterstützen, indem sie Informationen leicht auffindbar macht. Auch die Vertragsprüfung eignet sich besonders gut für den Einsatz von Legal AI, denn hier lassen sich häufig wiederkehrende Muster erkennen und repetitive Arbeiten durch den Einsatz von AI beschleunigen.

Wie funktioniert Legal AI bei der Vertragsprüfung?

AI-Anwendungen funktionieren vor allem dort gut, wo Muster wiederholt werden. Deswegen bietet sich gerade im Rechtsbereich der Einsatz von AI an: Denn hier werden spezifische Informationen aus einer großen Menge Daten herausgesucht, mit angelernten Mustern abgeglichen und für die Nutzer:innen zusammengefasst.

Wir haben für Sie konkrete Beispiele zusammengestellt und anhand dieser die Funktionen und Möglichkeiten von Legal AI verständlich erklärt.

Legal AI im Trainingsprozess

Damit Legal AI die richtigen Muster erkennt und Abweichungen hervorhebt, wird die Künstliche Intelligenz mithilfe von Machine Learning trainiert. Im Prozess wird der Algorithmus dabei mit jeweils hunderten Dokumenten unterschiedlicher Sprachen trainiert.

Juristisch geschulte Experten analysieren während des Trainings die individuellen Sätze der Dokumente und markieren relevante Klauseln. Auf diese Weise werden Klauseln wie anwendbares Recht, Gewährleistungsfrist oder Haftungsausschluss definiert und aufgrund der Ähnlichkeit zu trainierten Mustern in Verträgen erkannt.
Beispielsätze: Training

1. Anwendbares Recht
“Dieser Vertrag untersteht ausschliesslich dem Schweizer Recht.” – Dieser Satz wird als ‘Anwendbares Recht’ bezeichnet.

2. Haftungsausschluss
“Schadensersatzansprüche aus entgangenem Gewinn sind, soweit gesetzlich zulässig, vollständig ausgeschlossen.” – Dieser Satz wird als ‘Haftungsausschluss’ bezeichnet.

Vertragsprüfung: Wie funktioniert da die Legal AI?

Während der Vertragsprüfung werden der AI Daten vorgelegt, die die Künstliche Intelligenz noch nicht zuvor bearbeitet hat. Der Algorithmus analysiert aus den vorgelegten Dokumenten jeden einzelnen, unbekannten Satz und vergleicht ihn mit den bekannten Mustern. Auf diese Weise sucht der Algorithmus nach Ähnlichkeiten zwischen dem unbekannten Satz und den trainierten Strukturen und identifiziert ähnliche Strukturen als Klauseln.

Beispielsätze: Anwendung

1. Anwendbares Recht
“Dieser Vertrag untersteht deutschem Recht” – Dieser Satz weist genug Ähnlichkeiten zu anderen Sätzen auf, die als anwendbares Recht gekennzeichnet wurden. Er wird deswegen als Klausel für anwendbares Recht identifiziert.

2. Haftungsausschluss
“In diesen Fällen sind Schadensersatzansprüche wegen Produktionsausfall und/oder entgangenen Gewinn ausgeschlossen.“ – Auch dieser Satz weist genug Ähnlichkeiten mit den Sätzen der Trainingsdatenbank auf.

Im nächsten Schritt vergleicht eine Vertragsprüfungssoftware mit AI die Klauseln, die in einem Dokument gefunden wurden, mit den Vertragsrichtlinien eines Unternehmens. Diese Unternehmensrichtlinien werden zentral in einem Contract Playbook definiert. Auf dieser Grundlage entscheidet die Vetragsprüfungssoftware, ob die Klausel für Ihr Unternehmen akzeptabel ist oder nicht.

Danach identifiziert der Algorithmus konkrete Werte (wie Orte, Laufzeiten oder Beträge) oder gängige Bedingungen innerhalb eines Satzes – zum Beispiel das deutsche Recht oder der Haftungsausschluss für entgangenen Gewinn in den obigen Beispielen. Auf der Grundlage der zuvor angepassten Unternehmenseinstellungen weiss die Vertragsprüfungssoftware, ob die gefundenen Werte oder Bedingungen für Ihr Unternehmen akzeptabel sind oder nicht.

Werden unzulässige Klauseln, Werte oder Bedingungen gefunden, weist die Software die Benutzer:innen an, den Text mit dem Standardtext seines Unternehmens zu korrigieren.

Stärken der AI bei der Vertragsprüfung

Im Bereich der Vertragsprüfung spielt Legal AI ihre Stärken insbesondere bei Vertragsdokumenten aus.

1. Standardisierte Verträge oder Konzepte:

Je ähnlicher der Trainingssatz dem zu prüfenden Satz ist, desto besser ist die Leistung eines Algorithmus. Deswegen erzielt die AI die beste Leistung bei standardisierten Verträgen wie Geheimhaltungsvereinbarungen, Auftragsdatenverarbeitungsverträgen, AGB oder Lizenzvereinbarungen. Häufig wiederkehrende Konzepte werden auch in komplexeren Verträgen wie Haftungsbeschränkungen, Gewährleistungsausschlüssen oder Risikoübergangsklauseln gut erkannt.

2. Finden von Unstimmigkeiten in langen Verträgen:

Vor allem bei längeren Verträgen, wie z.B. bei einem 20-seitigen AVV, ist es schwieriger, relevante Vertragssprache auf verschiedenen Seiten oder an unerwarteten Stellen, wie in der Präambel, zu erkennen. Außerdem erfordert es Anstrengungen, sicherzustellen, dass keine wichtigen Klauseln oder Werte im Dokument fehlen. Für diese Aufgaben benötigt eine AI nur wenige Sekunden.

3. Erweiterung der Kompetenzen auf weniger erfahrene Prüfer:innen oder neue Mitarbeiter:innen:

Komplizierte Vertragssprache und unterschiedliche Unternehmensrichtlinien für verschiedene Verhandlungsszenarien – das kostet weniger erfahrene Prüfer:innen manchmal viel Zeit. Mit der intelligenten Unterstützung durch ein AI-gestütztes Tool wird die Aufgabe der Vertragsprüfung viel überschaubarer und erfordert nicht jedes Mal erfahrene Jurist:innen.

Grenzen der AI bei der Vertragsprüfung

1. Erkennen von ungewöhnlichen oder unternehmensspezifischen Klauseln:

Ein Algorithmus braucht eine Vielzahl von Trainingsbeispielen, um zuverlässige Ergebnisse zu liefern. Wenn er auf ungewöhnliche Sprache stößt, die sich stark von allem unterscheidet, was er bisher gesehen hat, sind die KI-Ergebnisse wahrscheinlich nicht immer korrekt – das gilt z.B. für schlecht übersetzte Klauseln oder eine Klausel, die viele unternehmensinterne Abkürzungen verwendet.

Es ist schwierig, zuverlässig vorherzusagen, wann und wo solche ungewöhnlichen Texte in einem Dokument auftauchen. Daher sollten Menschen die Vertragssprache, die vom Algorithmus nicht erkannt werden konnte, immer noch einmal überprüfen.

2. Verweise auf Dokumente oder Rechtsvorschriften verstehen:

In Vertragsklauseln wird oft auf andere Klauseln innerhalb desselben Vertrags (z. B. ungeachtet der in Klausel 2.1 beschriebenen Bedingungen), auf verwandte Verträge (z.B. gemäß dem Abschnitt über die Haftung im Rahmenvertrag) oder auf Rechtsvorschriften (z.B. gemäß § 970 ABGB) verwiesen.

Als menschlicher Prüfer sind Sie in der Lage, die entsprechenden Klauseln zu identifizieren und zu überprüfen, ob es Widersprüche zwischen den Texten gibt. Diese Aufgabe ist für jede maschinelle Lernlösung noch sehr fortgeschritten, da sie nicht nur eine sehr gründliche Texterkennung, sondern auch ein grundlegendes Rechtsverständnis erfordert.

Fazit

ChatGPT kreiert breit gefasste Texte. Diese verblüffen! Das Potenzial der AI ist sofort erkennbar. Für den Legal-Bereich löst sie aber nicht alle Anwendungsfälle. Ein Beispiel davon ist die AI bei der Vertragsprüfung. Diese beruht auf einem grundlegenden juristischen Textverständnis.

Auf Grundlage eines umfangreichen Trainings ist der Algorithmus einer Vertragsprüfungssoftware in der Lage, bekannte Strukturen und ähnliche Muster in neuen Dokumenten zu erkennen und zu identifizieren. Auf diese Weise prüft die AI besonders jene Verträge oder Konzepte zuverlässig, die nach standardisierten Mustern konzipiert sind. Sie fasst für Sie die Ergebnisse in wenigen Sekunden zusammen.

Noch kann eine AI bei der Vertragsprüfung nicht alles. Die endgültige Entscheidung über die Prüfergebnisse sollte dem Menschen überlassen sein. Denn die besten Resultate werden erzielt, wenn die AI mit dem Menschen zusammenarbeitet.

Autorin: Vivienne Clement ist Product Manager Application bei Legartis. Sie kennt den Legal AI Markt nahezu in- und auswendig und weiss um die Potenziale und Begrenzungen der AI im juristischen Bereich. Selbst ausgebildete Juristin, versteht sie die Anwenderseite und verknüpft deren Bedürfnisse mit den Möglichkeiten einer AI.

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