Fachartikel

Vom Hype zur Produktivität: Ein Wegweiser für GenAI im Alltag

Meine Erfahrungen nach rund 1,5 Jahren GenAI Hype in der Legal Tech Bubble und meine Strategie, das tiefe Tal im Hype Cycle zu überstehen.

Große Erwartungen

Es ist mittlerweile gut 1,5 Jahre her, dass Künstliche Intelligenz als Technologie die breite Masse erreicht hat. Generative AI hat endlich auch nicht-Techies teilhaben und das Potenzial erkennen lassen. Ein Hype war geboren; unzählige Gespräche wurden mit ChatGPT geführt und im Anschluss mit realen Personen besprochen. Ob im Job oder privat, es war Thema überall.

Mittlerweile hat der Hype etwas nachgelassen. Immer noch werden wir konfrontiert mit neuen LLM Updates, neuen GenAITools, neuen Prompting Techniken, neuen AI Use Cases. Einschlägige Konferenzen drehen sich nachvollziehbarerweise um dieses Thema, auch die Legal Tech Events sind voll davon. Doch: Wir sind ein wenig müde geworden. Schön, viele von uns haben mittlerweile ihre Erfahrungen mit GenAI-Chatbots gemacht. Einige nutzen sie regelmäßig sogar im beruflichen Kontext. Doch ansonsten fühlen wir uns etwas alleine zurückgelassen. Unsere Erwartungen waren groß. Jetzt, im Alltag, sind wir ein wenig enttäuscht. War es das schon?

Wer sich jetzt verstanden fühlt und bestätigend nickt, die begrüße ich herzlich im „Tal der Enttäuschung“. So wird dieses Stimmungstief im Hype Cycle genannt. Es folgt auf die Phase der überzogenen Erwartungen – während dieser haben wir uns zwar gut gefühlt; wir waren optimistisch, ja geradezu enthusiastisch und hatten so viele Ideen. Aber einen klaren Blick auf die Dinge hatten wir darin nicht. Seien wir also froh, dass wir diese Phase überstanden haben.

Der Weg zur Erleuchtung

Doch was nun? Wie kommen wir aus diesem Tal wieder heraus? Denn bleiben wollen wir hier nicht – vor uns liegt der Ausblick auf den „Pfad der Erleuchtung“, die nächste Phase im Hype Cycle. Dort wollen wir hin, um danach das „Plateau der Produktivität“ zu erreichen. Und wie das nun mal so ist, sind wir selbst gefordert, uns aktiv aus diesem tiefen Tal herauszuholen.

Wie wir das schaffen? Wir sollten uns mE vor allem auf zwei Dinge konzentrieren:

1. Reflexion: In der vorangegangenen Phase waren wir voller Begeisterung für AI und haben verständlicherweise nach Möglichkeiten gesucht, sie einzusetzen und ihre Magie versprühen zu lassen. Doch hat das immer so viel Sinn gemacht? Jetzt ist die Zeit zu prüfen, ob das AI-Mascherl wirklich überall so gut passt. Schließlich gibt es daneben auch andere Technologien, deren Existenz ebenso ihre Berechtigung haben. Mit etwas Abstand, einem objektiveren Blick, sollten wir unbedingt noch einmal überlegen, wo wir AI nun einsetzen wollen und ob wir auch die passenden Tools angeschafft haben.

2. Upskilling: Halten wir inne und schauen uns ganz genau an, wie wir mit den uns verfügbaren GenAI-Tools arbeiten. Kennen wir die uns zur Verfügung stehenden Tools überhaupt und wissen wir, wann wir welches davon am besten einsetzen? Und: Haben wir das Werkzeug, sie auch wirklich sinnvoll zu verwenden? Ok: Um von ChatGPT einen Rap zum Geburtstag der besten Freundin zu bekommen braucht es keine große Einschulung. Um mit Harvey AI eine Zusammenfassung mehrerer Dokumente zu bekommen, von Leah einen neuen Vertrag oder die GPT Enterprise-Version dazu zu bringen, weniger zu halluzinieren – dazu bedarf es schon etwas mehr Wissen. Wenn wir produktiver mit GenAI Tools arbeiten wollen, dann müssen wir uns intensiver damit auseinandersetzen, wie wir unseren Input gestalten.

Mit Workshops gegen die Ernüchterung

Mich hat das Gefühl der Resignation schon vor vielen Monaten beschlichen. Ich hatte gerade den neuesten AI Assistant bei uns ausgerollt und festgestellt, dass die erwartete überschwängliche Begeisterung bei der Mehrheit ausblieb. Ich habe schnell festgestellt, dass auch die vermeintlichen plug&play GenAI Tools ein gewisses Onboarding erfordern. Mangelndes Wissen über die Funktionalität von AI führten zu falschen Erwartungen und das wiederum zu Ablehnung. Also habe ich mit Onboarding-Einheiten begonnen, die unsere Kolleg:innen dankend angenommen haben. Je mehr Zeit ich mit den Nutzer:innen verbracht habe, desto klarer wurden die offenen Fragen und Bedürfnisse. Daraus entstanden ist ein ganzes Upskilling-Programm, von einem interdisziplinären Team bei PwC und PwC Legal entwickelt, das wir in den unterschiedlichsten Formaten immer auf die Zielgruppe abgestimmt regelmäßig durchführen. Unseren Kunden bieten wir dieses Programm als Legal AI Accelerator Workshop (speziell für Jurist:innen) und als AI Upskilling Workshop (für unterschiedlichste Zielgruppen) an.

Ein großer Teil davon betrifft das Prompting, also das Schreiben des sogenannten Inputs für die AI Assistants. Reine Prompting Workshops machen wir aber bewusst nicht, weil für den richtigen Umgang mit den Tools noch viele andere Themen eine Rolle spielen. Das Verständnis der Technologie dahinter zum einen, rechtliche und ethische Grenzen zum anderen. Für die Führungsebene kommen dann noch Strategie- und Governance-Themen hinzu.

Für interessierte Kund:innen veranstalten wir am 1. Oktober den AI Empowerment Deep-Dive. Bei diesem Event wollen wir das Thema AI Upskilling in seiner gesamten Breite aufzeigen und zugleich punktuell in die Tiefe gehen. Damit wollen wir Bewusstsein für den Bedarf und die Komplexität des Upskillings aufzeigen. In einem exklusiven Rahmen bieten wir die Möglichkeit, sich mit den vielseitigen Einsatzmöglichkeiten von GenAI auseinanderzusetzen und wertvolle Einblicke in die Welt der Künstlichen Intelligenz zu gewinnen. Mit ansprechenden Methoden und praxisnahen Beispielen schaffen wir so ein spannendes, anregendes Programm, das für sämtliche Teilnehmer:innen einen Mehrwert schafft.

Resümee

Mittlerweile geht es für mein Umfeld und mich emotional in Sachen GenAI wieder bergauf. Gespräche verlaufen optimistischer, Erfolgsgeschichten erreichen mich und das Prompten macht wieder Spaß. Unsere internen GenAI Upskilling Workshops sind immer noch gefragt und Termine schnell ausgebucht. Für jene Kolleg:innen, die bereits geschult sind, feilen wir gerade an einem neuen Programmpunkt, um den Aufwärtstrend weiterhin zu unterstützen und zu begleiten. Ich freue mich schon auf die nächsten Etappen auf unserer GenAI Reise und bin froh, dass wir den Hype und das Tal der Enttäuschung hinter uns gelassen haben.

Autorin: Silke Graf ist Head of Legal Tech bei PwC Legal Österreich. Sie kümmert sich intern um Prozessoptimierung in den juristischen Teams durch Software und um die Entwicklung von digitalen Geschäftsmodellen und Produkten für Rechtsabteilungen.

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