Fachartikel

Swiss Legal Tech Conference 2023

Es war eine glanzvolle Rückkehr: am 3. Oktober fand nach längerer Zeit endlich wieder die SWISS LEGAL TECH CONFERENCE in Zürich statt. Über 250 Teilnehmer hatten sich am Morgen eingefunden, um einen spannenden Tag mit brandaktuellen Themen zu erleben. Auf dem Podium Experten aus der Praxis, im Plenum erfahrenen User. Die Diskussionen im Konferenzraum sowie in den Pausen waren intensiv, der Austausch unter den Fachleuten ergiebig.

Die Konferenz hat ihren Anspruch, den Bogen von der grundlegenden Frage, ob die KI die Rechtspraxis zu demokratisieren vermag bis hin zu der, welche Fragen man einer KI besser nicht stellen sollte, wenn man eine ergiebige Antwort wünscht, erfüllt. Besonders geschätzt wurde die praktischen Hinweise, die freundliche Selbstironie der Vortragenden, wenn sie vom eigenen Scheitern berichten und die grosse Bandbreite an Themen.

Die Konferenz, geleitet von Urs Bracher, wurde eröffnet mit einem ganz unjuristischen Blick von Erich Herzog auf die Chancen neuer Technologien für die Schweizer Wirtschaft. Der Appell, Innovationsfreude und -Leidenschaft nicht durch zu starke Regulierungen einzuschränken wurde im Saal sicher von den meisten Technikbegeisterten geteilt. Die juristische Grundlage der Konferenz wurde im Folgenden von Prof. Thomas Gächter, Dekan der juristischen Fakultät an der Universität Zürich gelegt. Mit gekonnter Schweizer Gelassenheit gab auch er zu bedenken, dass man doch zunächst sehen sollte, wohin die Reise der Künstlichen Intelligenz führe, bevor man reguliere, denn der stabile Rechtsstaat sei jederzeit in der Lage gesellschaftliche Ziele in Regularien zu überführen – wichtig sei es daher wohl eher, die Ziele zu definieren. Elliott Ash zeigte im Anschluss ganz anschaulich, wie ein solches Modell aussehen könnte und Colin Carter rundete diese Grundlagen ab mit einer Ordnung der Begriffe und einer Systematisierung der technischen Möglichkeiten. Ergänzt durch die Ausführungen von Anne-Sophie Morand zum EU-AI act und von Jutta Oberlin und Christiane Peters zur Sicherheit in der Cloud, war der Vormittag sicher dicht und intensiv, aber die Grundlagen waren gelegt.

Im zweiten Teil der Konferenz zeigten die praktischen Beispiele bei der Konzeption einer Legal Tech Strategie, bei der Umsetzung (strukturiert und klar: Pierre Zickert) und der Einführung der Tools und der Implementierung im Unternehmen (amüsant und inspirierend: Jack Shepherd) bis hin zur praktischen Demonstration der Dokumentenautomatisierung (sehr erfahren und reflektiert: Karin Wiedmer) die ganze Bandbreite der Fragestellungen, mit denen jeder Legal Tech Engineer oder Knowledge-Manager konfrontiert wird. David Bloch bewies am Schluss dieses Themenblocks anhand des Trainings einer Legal KI, was es eben doch braucht, um ein sinnvolles Tool zu gestalten: profundes juristisches Handwerkszeug. Und das zu erlernen ist anscheinend sogar einer KI möglich. Dan Katz erläuterte aus Illinois per Video zugeschaltet in einem dichten und spannenden Vortrag, wie das Publikum es von ihm gewohnt ist, wie ChatGPT es schaffen konnte, das US-Anwaltsexamen zu bestehen. Auch er betonte jedoch, wie Liburn Mehmetaj, der im Nachgang sehr amüsant über seine Erfahrungen mit KI berichtete und wertvolle Tipps zum richtigen Umgang gab: die KI macht einen guten Juristen besser – ersetzen kann sie ihn nicht. Was also muss der Jurist der Zukunft wissen und können? Marc Feldmann berichtete aus seinem Alltag als Legal Engineer und machte damit den Boden bereit zur Diskussion: wie bilden wir den Juristen der Zukunft aus? So unterschiedlich die Stimmen auf dem Podium aus Lehre, Anwaltschaft und Industrie waren, einig sind sich alle: im Moment ist ein Wille zum steten Lernen nötig. Das Jus-Studium legt die theoretische Grundlage, die Erfahrung und Weiterentwicklung muss in der Praxis geschehen. Denn, wie den ganzen Tag über wiederholt, der Einsatz von KI und die Digitalisierung der Prozesse werden den Juristen nicht ersetzen, aber sie werden denjenigen, der sie nutzt, besser machen.

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