Fachartikel

Rezension des Buches „Legal Tech Strategien für Rechtsanwälte“ von Dr. Frank Remmertz

Am 02.11.2020 erschien in der 1. Auflage das Praxishandbuch mit dem hoffnungsvollen Titel: »Legal Tech Strategien für Rechtsanwälte«, herausgegeben von Dr. Frank Remmertz im C.H Beck Verlag. Das 317 Seiten umfassende Werk ist in acht Kapitel unterteilt. In diesem Beitrag erklärt Rechtsanwalt Michael Korn, warum niemand an diesem Praxishandbuch vorbeikommt.

Bereits im ersten Satz des Vorwortes heißt es: „Die Digitalisierung und Automatisierung werden die Tätigkeit der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte in Zukunft nachhaltig verändern.“ Diesen Satz sollten Rechtsanwält:innen kurz wirken lassen, beschreibt er doch zutreffend, was wir bereits aktuell durch die Pandemie aufgezeigt bekommen haben und wovon jeder einzelne Tätigkeitsbereich noch verstärkter betroffen sein wird. Dagegen anzukämpfen wäre vergebliche Liebesmüh. Vielmehr empfiehlt es sich, sich der spannenden Herausforderung zu stellen.

Das Praxishandbuch stellt einen sehr guten Wegbegleiter dar, behandelt es doch die berufsrechtlichen Möglichkeiten und Grenzen sowie den regulatorischen Rahmen anwaltlicher Legal Tech-Strategien. Es weckt Impulse der Leserschaft, berufsrechtskonforme Legal Tech-Strategien zu entwickeln und die Chancen des digitalen Rechtsdienstleistungsmarktes zu ergreifen; insbesondere die interdisziplinärische und zukunftsorientierte Betrachtungsweise ließ Freudentränen fließen.

Vor allem Praxishandbücher können je nach Standpunkt der Leserschaft, angepasst an das verfolgte Leseinteresse, unterschiedlich aufgefasst werden. Deswegen wird nachfolgend nicht im Detail auf die Vielzahl inhaltlicher Auseinandersetzungen eingegangen, sondern es werden allgemein die Vorzüge des Werkes beschrieben und welchen Mehrwert es mit sich bringen kann.

Aufbau des Buches und der Kapitel

Dem Praxishandbuch liegt das Konzept der ganzheitlichen Betrachtungsweise zugrunde. So gliedert es sich in einen allgemein einleitenden Teil und beleuchtet sodann Kapitel für Kapitel die Einflüsse und Fragen, die sich rund um das Thema Legal Tech stellen. Es werden Möglichkeiten und Grenzen im Hinblick auf das Berufsrecht, sowie Haftungs- und Sanktionsfragen beantwortet, Anforderungen an den Datenschutz definiert, wobei besonders hervorzuheben ist, dass sich die Mühe gemacht wurde Mustervorlagen bereitzustellen. Besonders erfreulich sind zudem die Kapitel §§ 1, 3, 7 und 8, zeugen sie doch von der wahren Magie eines Praxishandbuchs, um es ein wenig sozial-romantisch zu formulieren. Es geht um die Tools für die digitale Rechtsberatung, die Zusammenarbeit mit Legal Tech-Akteuren, das Steuerrecht und den Ausblick und Reformbedarf. Eine geballte Ladung Zukunft und Interdisziplinarität.

Sämtliche Kapitel sind äußerst strukturiert, verständlich formuliert und spiegeln die umfassende Fachexpertise der Autor:innen wieder. Wie im Studium damals mühevoll gelernt, empfiehlt es sich das Buch mit aufgeschlagenem Gesetzestext zu lesen; Ausgangspunkt der Auslegung ist immer die Norm! Frei nach diesem häufig gehörten Mantra ist das Buch strukturiert. Es wird klar anhand der Norm gearbeitet bzw. herausgearbeitet, wo Chancen, Möglichkeiten und rechtliche Probleme liegen.

Stets die Teleologie im Blick, versucht hier doch niemand seine Thesen publik zu machen, sondern unter Anwendung der gängigen Auslegungslehre und Rechtsprechung Antworten zu geben. Apropos Rechtsprechung. Allgemein bekannt, kann ein analoges Werk nur bis zu einem bestimmten Zeitpunkt die Rechtsprechung verarbeiten. Nichtsdestotrotz ist der Stand vom 01.09.2020 wirklich aktuell und ausreichend, werden doch u.a. das bahnbrechende Grundsatzurteil des BGH vom 27.11.2019 zu wenigermiete.de, aber auch des OLG Köln vom 19.06.2020 zu Smartlaw berücksichtigt. Allgemein ist in dem Praxishandbuch sehr viel Literatur und aktuelle Rechtsprechung ausgewertet und stets wird auf die kommende Rechtsprechung verwiesen. So z.B. in Bezug auf das Smartlaw-Urteil, wo die Revision beim BGH unter I ZR 113/20 anhängig ist.

Kapitel §§ 1, 3, 7 und 8

Wie oben mit einem leichten Cliffhanger versehen, gilt es in gebotener Kürze ein paar Sätze zur Bedeutung der genannten Kapitel zu verlieren. Es ist schlichtweg so, dass ein Praxishandbuch naturgemäß eine Momentaufnahme darstellt. Insbesondere in dem behandelten Bereich noch verstärkter, aufgrund der ungeheuren Dynamik. Diese ist wirklich bemerkenswert und praxistauglich eingefangen, weswegen Leser:innen, für die sich zukünftig stellende Fragen, sensibilisiert werden und Antworten erhalten. Doch die genannten Kapitel vermitteln noch etwas viel Bedeutsameres. Sie zeigen auf, dass der Anwalt von morgen, der »Tomorrow’s Lawyer« wie Richard Susskind so schön titelt, mehr als nur Jura können muss. Er muss unternehmerisch denken. Das Buch nimmt – nicht nur in diesen Kapiteln – Geschäftsmodelle auf, stellt in Form eines guten Überblicks zu aktuellen Anbietern den Marktbezug her und liefert durch Empirie Belege. Dies geschieht stets unter Darstellung der damit einhergehenden Schwierigkeiten. Hierdurch greift das Buch in brillanter Weise den viel propagierten, in der Lehre und Praxis leider noch zu wenig Anklang findenden, interdisziplinärischen Ansatz auf. Ergänzt wird das Ganze um das wesentliche Kapitel: Ausblick/Reformbedarf. In diesem Kapitel werden u.a grenzüberschreitende Vergleiche, die Reform des anwaltlichen Gesellschaftsrechts sowie der Vergütung vor dem Hintergrund der Liberalisierung und allgemein der Ausblick zur BRAO, BORA und zum RDG beleuchtet. Der Vollständigkeit halber zu erwähnen ist, dass zum RDG der aktuelle Entwurf im Gesetzgebungsverfahren vorliegt. Die große BRAO-Reform mit dem Bearbeitungsstand vom 29. Oktober 2020, verteilt am 3. November 2020, ist ebenfalls auf dem Vormarsch. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Praxisbuch diese Ausblicke und die Fragen, die den Reformen zugrunde liegen, sehr gut aufarbeitet und erläutert.

Zielgruppe

Das Buch versteht sich selbst als anknüpfende Ergänzung zu der bisherigen Legal Tech-Literatur und hat den Anspruch als Einführung und Nachschlagewerk für die Widrigkeiten und Fragen im Hinblick auf das anwaltliche Berufsrecht zur Seite zu stehen. Es richtet sich an die gesamte Anwaltschaft, von der Großkanzlei, den Syndizi bis hin zu den „Einzelkämpfer:innen“. Indes soll es aber auch die Adressat:innen der nicht-anwaltlichen Legal Tech-Anbieter, sowie Interessierte, die sich über Legal Tech-Geschäftsmodelle informieren respektive sich hiermit auseinandersetzen wollen, ansprechen.

Das Praxishandbuch zeigt nicht nur die Thematik rund um das »Buzzword« Legal Tech auf, sondern eignet sich hervorragend – insbesondere auch für Berufsanfänger:innen – um einen Überblick über das Standesrecht zu erhalten. Dies stets zukunftsorientiert, durch das Aufzeigen der Schnittstelle von Recht und Technik.

»Purpose« und Fazit

Nicht nur für Berufseinsteiger wie mich, stellen sich die Fragen, welche Möglichkeiten des modernen, sowie zukunftsorientierten Arbeitens es gibt und wie man nicht nur als Anwalt reift, sondern auch als Persönlichkeit. Hat man dann noch das Glück, dass einem von Anfang an die spannende, sowie herausfordernde Aufgabe zu Teil wird, die Kanzlei verstärkt zu digitalisieren, (Markt-)Entwicklungen zu beobachten und aktiv mitzuwirken, in Unternehmen der sog. CDO, so ist die Bucherscheinung mehr als wertvoll, da insbesondere die Autor:innen des Praxishandbuches der Anwaltschaft durch ihre jahrelange Erfahrung helfen können, diese für die Zukunft vorzubereiten. Ich für meinen Teil kann sagen, dass ich alles andere als enttäuscht wurde. In diesem Sinne, auf eine gute Lektüre.

Autor: Michael Korn, Rechtsanwalt in den Bereichen IT- und Datenschutzrecht, Bau- und Architektenrecht sowie Handels- und Gesellschaftsrecht. Ehrenamtlich engagiert sich Michael Korn in der gemeinnützigen Organisation recode.law und ist dort insbesondere im Knowledge & Content Team tätig, wobei er sich inhaltlich verstärkt mit der Schnittstelle von DLT und dem Gesellschaftsrecht auseinandersetzt.

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