Fachartikel

Rechtssicherheit für Anwälte bei Mandatsaufnahme durch Workflow-Automatisierung

Auch bei Anwälten lauern bei der Annahme von Mandaten zahlreiche Fallstricke. Wie schnell sie durch Unachtsamkeit Geld verlieren können, warum die Automatisierung von Standardabläufen Fehler vermeidet und wie digitale Helfer dabei wertvolle Unterstützung leisten – das soll der nachfolgende Beitrag anhand eines Beispiels zeigen.

Ein typischer Fall?

Es war wieder einer dieser schönen Tage, an dem eine lukrative Anfrage eines Mandanten über das Kontaktformular der Webseite einging. Ein Standardfall, angenehmer Streitwert, wenig Aufwand. Der Anwalt griff sofort zum Hörer – ein Fehler, wie sich später zeigt. Der Mandant wurde persönlich begrüßt und beraten. Die Angelegenheit war schnell erledigt; angesichts der Überweisung des Honorars zeigten sich beide Seiten zufrieden – bis das Internet den Mandanten seiner Rechte belehrte: Er könne das Honorar doch wegen eines Formfehlers zurückverlangen. Zu Recht, wie sich später herausstellte. Denn der Anwalt hatte bei der Aktenbearbeitung einige Punkte übersehen.

Des Anwalts Pflichten

Auch einem Rechtsanwalt obliegen zahlreiche Pflichten. Diese ergeben sich schon aus dem Berufsrecht. Der Rechtsanwalt, der beispielsweise einen Auftrag nicht annehmen will, muss das Mandat unverzüglich ablehnen, § 44 BRAO. Das bedarf einer gewissen Organisation, die eingehenden Anfragen unverzüglich zu sichten, die Übernahme zu prüfen, gegebenenfalls das Mandat möglichst dokumentiert abzulehnen. Denn der Anwalt hat den Schaden zu ersetzen, der dem Interessenten aus einer schuldhaften Verzögerung dieser Erklärung entsteht. Bestenfalls hat der Anwalt per „Klick“ die Wahl, das Mandat anzunehmen oder eine vorformulierte Absage zu versenden – Standard eben.

Fernabsatz, Datenschutz und Co

Gegenüber Verbrauchern kann der Anwalt zur Information über die Widerrufsrechte verpflichtet sein. Einem Verbraucher, der einen Vertrag elektronisch abschließt, steht möglicherweise ein Widerrufsrecht zu, § 312g Abs. 1 BGB. Dass das für einen Anwaltsvertrag gleichfalls gilt, hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 19.11.2020, IX ZR 133/19 bestätigt. Anwälte sollten ihre Mandanten daher zu Beginn des Mandats über ihr Widerrufsrecht informieren. Bestenfalls fragen Sie zudem nach einem Verzicht auf das Widerrufsrecht. Das erfordert Präzision im Ablauf der Annahme eines Mandats. Denn die Widerrufsbelehrung muss dem Mandanten zum rechten Zeitpunkt und in der richtigen Form zugehen sowie die gesetzlichen Informationen enthalten.

Nach Art. 13 DSGVO hat der Verantwortliche einer Datenverarbeitung der betroffenen Person zum Zeitpunkt der Erhebung die in Art. 13 Abs. 1 DSGVO aufgeführten Informationen mitzuteilen. Das muss auch ein Anwalt. Wer dies unterlässt, kann dem Betroffenen gegenüber zum Ersatz des ihm entstandenen Schadens verpflichtet sein. Ferner drohen Bußgelder bei Missachtung der Informationspflicht. Eigentlich Standard.

Allgemeine Mandatsbedingungen und Vergütungsvereinbarung

Allgemeine Mandatsbeziehungen müssen bereits bei Abschluss eines Vertrags gestellt sein. Sie werden nur dann wirksam in den Mandatsvertrag eingebunden, wenn der Mandant hinreichend Kenntnis nehmen konnte. Nachreichen gilt nicht. Sie sollten ebenfalls im Rahmen eines standardisierten Ablaufs dem zukünftigen Mandanten zur Kenntnis gelangen.

Weitere Hinweise

§ 49b Abs. 5 BRAO bestimmt, dass der Anwalt seinen Mandanten vor Auftragsübernahme darauf hinweisen muss, wenn sich die zu erhebenden Gebühren nach dem Gegenstandswert richten. Ratsam ist auch ein Hinweis auf die Pflicht zur Kostentragung des Auftraggebers in arbeitsgerichtlichen Verfahren erster Instanz. Der Anspruch auf Schadensersatz kann gegen den Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts aufgerechnet werden.

Prüfpflichten

Dann sind Anwälte in bestimmten Katalogtatbeständen nach dem Geldwäschegesetz Verpflichtete; Sie müssen bereits vor Beginn einer Geschäftsbeziehung den Mandanten, den wirtschaftlich berechtigten eines Unternehmens sowie die für den Mandanten auftretenden Personen identifizieren: Know your Client. Sie müssen zudem eine Analyse der für sie relevanten Risiken durchführen, diese bewerten und Sicherungsmaßnahmen treffen. Wäre es nicht sinnvoll, im Rahmen der Mandatsannahme standardisiert die Katalogtatbestände zu prüfen?

Möglichkeiten der Umsetzung

Wie aber geht ein Rechtsanwalt mit solchen Standards um? Vermutlich beharren die meisten Anwälte darauf, dass sie das schon können. In der Luftfahrt bieten mitunter Checklisten, auch Klarlisten genannt, die erforderliche Sicherheit. Es sind listenartige Handlungsanweisungen mit Kontrollen und Aktionen. Sie geben vor, was in einer konkreten Situation getan werden muss und nicht vergessen werden darf. Jetzt wäre es natürlich möglich, dass der Anwalt oder seine Mitarbeiter dies ebenfalls nach Checkliste durchführen. Eine zeitaufreibende Tätigkeit unter Berücksichtigung des Aufwands für die Suche nach den richtigen Dateien, das Starten der Office-Programme, die Anpassung der Dokumente, den Versand an den Mandanten und die Kontrolle, dass der Mandant diese auch erhalten hat. Dabei führt die trügerische Annahme, dass die Mitarbeiter sowieso bezahlt würden und daher die – sicherlich undankbare – Arbeit verrichten könnten, zu einer wirtschaftlichen Fehleinschätzung. Denn Mitarbeiter sollten und könnten diese Zeit wirtschaftlicher nutzen. Schlimmstenfalls verrichtet der Berufsträger die Arbeiten selbst.

Technische Hilfsmittel

Abhilfe schaffen No-Code-Plattformen wie z.B. die von Silberfluss. Die Kanzlei gibt darin ein bestimmtes Ablaufschema vor, welche Daten der Mandant preisgeben muss und welche Informationen er im Vorfeld erhalten soll. Vorgefertigte Muster, beispielsweise zum „Onboarding“ des Mandanten, können bei der Umsetzung unterstützen. Die Mandanten erledigen damit die Arbeit selbst; sie kennen das System bereits aus den Bestellabläufen in Onlineshops. Der Mandant wird online durch den Prozess geleitet und erhält dabei die wesentlichen Informationen direkt abrufbar als PDF oder per E-Mail.

In der Kanzlei geht die Anfrage des Mandanten ein. Der Anwalt kann entscheiden, ob er das Mandat annimmt oder ablehnt; dafür nutzt er den passenden Button. Der Mandant wird über die Entscheidung der Kanzlei informiert, ohne dass Anwalt oder Mitarbeiter weiteres veranlassen müssen. Vordefinierte Aktionen nehmen ihm diese Arbeit ab. Versäumt die Kanzlei eine solche Aktion, löst die Applikation bestenfalls vordefinierte Mechanismen – beispielsweise die automatisierte Absage – aus. Um die Onboarding-Strecke für den Mandanten kurz zu halten, können zuerst einmal nur die wichtigsten Daten wie Kontaktdaten und Anliegen abgefragt werden. Nach einem ersten Kontakt mit der Kanzlei werden dann die weiteren Schritte ausgeführt.

Scheitern am Umsetzen

Trotz all der Möglichkeiten scheitern manche Kanzleien an der Umsetzung. Das kann mit der inneren Mentalität der Berufsträger und Mitarbeiter zusammenhängen. Schlimm wird es, wenn sie an ihrem individuellen Arbeitsstil festhalten, ohne ihn zu hinterfragen. Ein externer Berater kann Lösungswege aufzeigen. Anwälten kann auch die erforderliche Erfahrung fehlen, technisch wie rechtlich, beispielsweise im Fernabsatz-, dem Datenschutz- oder dem Berufsrecht. Sie sollten dann mit Legal Tech erfahrene Juristen bei der Planung der konkreten Abläufe hinzuziehen.

Fazit

Anwälte können ihre Kanzlei vereinfachen und Risiken vermeiden, in dem sie für standardisierte Abläufe die richtigen Tools einsetzen. Das fördert nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit, schafft Freiräume und reduziert Engpässe, sondern schafft auch Rechtssicherheit.

Autor: Dr. Andreas Staufer ist Fachanwalt für Informationstechnologierecht und Medizinrecht und Gründer der Staufer Kirsch GmbH

Autor: Lukas Ballweg ist Gründer und CEO der Silberfluss Technologies GmbH. Silberfluss entwickelt einen digitalen Sekretär zur einfachen Automatisierung von Workflows in Anwalts- und Steuerkanzleien.

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