Fachartikel

Rechtsfragen beim Kontakt mit Extraterrestrischen. Völkerrecht, Wirtschaft und Politik – ein Gedankenmodell

Sollten uns eines Tages Außerirdische besuchen, stellt sich die Frage, wie dieser Kontakt wohl ablaufen wird. Zu dieser Überlegung gibt es unzählige Science-Fiction Literatur und Filme. Rechtsanwalt und Autor Klaus Stähle hat sich diesem Thema von einer juristischen Seite genährt. Dazu verfasste er das Buch „Rechtsfragen beim Kontakt mit Extraterrestrischen. Völkerrecht, Wirtschaft und Politik – ein Gedankenmodell“. Wir durften ihn zu seinen Ideen und Thesen befragen.

LTV: Herr Stähle, wie kamen Sie auf die Idee, sich dem Thema „Rechtsfragen beim Kontakt mit Extraterrestrischen“ zu widmen? Hatten Sie schon immer einen Hang zu Science-Fiction Literatur oder Filmen?

Science-Fiction fand ich schon seit meiner frühen Jugend spannend. Die Vorstellung von extraterrestrischen Lebensformen auf anderen Planeten empfand ich immer als spannenden Kontrapunkt zu unserer zwangsläufig anthropozentrischen Sicht auf unsere irdischen Verhältnisse.

LTV: Gibt es bereits rechtliche Literatur, die sich diesem Thema widmet?

Im deutschsprachigen Raum gibt es keine Literatur, die sich mit Rechtsfragen beim Kontakt mit Extraterrestrischen auseinandersetzt. Von soziologischer Seite gibt es z. B. Dr. Andreas Anton und Prof. Dr. Michael Schetsche, die sich mit so spannenden Themen wie „Die Gesellschaft der Außerirdischen“, mit Exosoziologie und Szenarien für den Erstkontakt auseinandergesetzt haben. Philosophen hatten über viele Jahrhunderte intelligente Lebewesen auf anderen Planeten gleichsam als philosophischen Kontrapunkt gepflegt, z. B. auch Giordano Bruno, der vor 475 Jahren geboren wurde und auf dem Scheiterhaufen endete.

Grundlegend sind die Überlegungen von Ernst Fasan, der sich 1970 mit der Frage auseinandergesetzt hatte, welche fundamentalen Rechtsregeln denn bei einem Kontakt mit einer fremden Intelligenz gelten müssen. Abgeleitet aus der Philosophie Immanuel Kants hat er das sog. Metalaw entwickelt.

Für mich geht es aber nicht um einen rudimentären Kontakt, sondern um einen Kontakt mit relevantem Informationsaustausch und den damit im Zusammenhang stehenden Rechtsfragen.

LTV: Welche rechtlichen Haupt-Thematiken werden im Buch beleuchtet? Gehen Sie dabei eher von einem völkerrechtlichen Ansatz aus oder betrachten Sie auch das nationale Zivilrecht und Strafrecht?

Rechtsfragen beim Kontakt mit Extraterrestrischen verlangen zunächst einmal eine Auseinandersetzung damit, ob Extraterrestrische überhaupt die Kategorie des Rechts kennen (müssen). Ich habe diese Frage diskutiert und bejaht. Es ist bereits spannend, welches Völkerrechtssubjekt wir hier vor uns haben, so es denn zu einem Kontakt kommt. Es werden in meinem Buch eine Vielzahl von Rechtskreisen angesprochen. Es geht natürlich prioritär um das internationale Recht, z. B. das Luftfahrtrecht und das Weltraumrecht, aber natürlich auch das Kriegsrecht und zivilrechtliche Aspekte. Ausgangspunkt ist, da uns über die Extraterrestrischen nichts bekannt ist, unser irdisches Recht. Selbstverständlich geht es auch um internationales Strafrecht und Zivilrecht, einschließlich etwa auch Fragen des Wirtschafts- und Wettbewerbsrechts.

LTV: Es ist anzunehmen, dass Sie außerirdisches Leben zumindest für möglich halten, denn sonst hätten Sie sicher kein Buch dazu geschrieben. Aber halten Sie es auch für wahrscheinlich, dass wir in den nächsten hundert Jahren solchen Besuch erhalten? Oder denken Sie, wir wurden oder werden vielleicht sogar schon besucht?

Allein in unserer Galaxie, der Milchstraße, gibt es Milliarden von Sternensystemen. Wie wir heute wissen, umkreisen Planeten die meisten Sterne, die Astronomen in unserer Nähe untersuchen konnten. Viele Planeten werden daher in habitablen Zonen um ihren Stern kreisen. Ich erachte es deshalb für sehr unwahrscheinlich, dass wir alleine in der Galaxie oder gar im Universum und die Krone der Schöpfung sind. Andererseits erachte ich einen Kontakt in naher Zukunft als unwahrscheinlich. Selbst wenn die Erde/Menschheit beobachtet würde, könnte nach meiner Überzeugung ein solcher Kontakt zeitnah nicht stattfinden. Dies beruht auf zwei Grundannahmen.

Würde ein Kontakt hier und heute stattfinden, immer unterstellt mit einem relevanten Informationsaustausch, würde dies die Erde in Chaos und vermutlich auch kriegerische Auseinandersetzungen stürzen. Warum: Weil die Chancen zur Nutzung der Informationen höchst ungleich auf der Erde verteilt sind. Man muss noch nicht einmal an die militärische Nutzung oder Terroristen denken. Ausgehend von naturrechtlichen Erwägungen wären die Extraterrestrischen für den hierdurch verursachten Schaden zwar nicht primär, aber nachgelagert mitverantwortlich. Denn sie mussten diese Folgen absehen.

Solange die Erde weder rechtlich noch institutionell in der Lage ist, weltweit Frieden zu sichern und die Geltung der Menschenrechte durchzusetzen, fehlt es schlichtweg für Extraterrestrische an einem Verhandlungspartner, der auf Augenhöhe verantwortlich Verabredungen treffen könnte. Die Vereinten Nationen und der Sicherheitsrat sind dazu bislang nicht in der Lage.

Aus den beiden vorgenannten Gründen bin ich der Überzeugung, dass es in den nächsten Jahrzehnten selbst dann zu keinem Kontakt kommt, wenn wir schon entdeckt sind.

LTV: Vielen Dank Herr Stähle für das interessante Interview.

Das Buch „Rechtsfragen beim Kontakt mit Extraterrestrischen“ kann hier bestellt werden.

Über den Interviewten: Klaus Stähle lebt in Berlin, ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht und engagiert sich wirtschaftspolitisch für die Nachhaltigkeit.

- WERBUNG -