Ausbildung & KarriereFachartikel

Legal Pioneers für die juristische Welt von Morgen

Eine studentische Initiative berichtet über ihr Vorhaben, Jurastudierende mit dem akademischen Rüstzeug für die digitale Zukunft auszustatten.

Die juristische Lehre als Anachronismus?

Einem jeden Studierenden der Rechtswissenschaft begegnet im Laufe des Studiums die Frage nach der Wirksamkeit einer per Telefax übermittelten Willenserklärung. Dabei mutiert die rechtliche Problemstellung jedoch oft zur Nebensache, wenn sich Dozent:innen zunächst über die Nutzung eines Faxgerätes aufzuklären gezwungen sehen: Nur wenige Repräsentant:innen der Generation Z werden je zuvor ein solches genutzt haben. Zweifelsfrei ist das Fax aufgrund seiner Zuverlässigkeit im Rechtsverkehr weiterhin von Relevanz – was allerdings nichts daran ändert, dass moderne Kommunikationsmittel, wie beispielsweise Instant Messaging, im Rahmen der Ausbildung noch immer eher stiefmütterlich behandelt werden.

Das eben genannte Beispiel steht symptomatisch für das anachronistische und kaum fortschrittliche System juristischer Lehre, welches zwar mittlerweile durchaus vereinzelte Zusatzveranstaltungen unter dem Sammelbegriff »Cyberrecht« kennt, insgesamt aber keineswegs zu einer zukunftsorientierten Grundbildung beiträgt. Während sich die Welt scheinbar täglich neu erfindet, hält die juristische Ausbildung an Altbewährtem fest. Dabei steht außer Frage, dass sich zukünftige Jurist:innen mit digital-rechtlichen Fragestellungen konfrontiert sehen werden.

Die Zukunft selbst in die Hand nehmen

In Zukunft erschließt sich der Rechtswissenschaft nicht nur ein neuartiges Gebiet. Vielmehr steht auch das juristische Arbeiten selbst vor großen Veränderungen – sei es durch Tools, welche die Anspruchsdurchsetzung vereinfachen oder durch Software zur Sachverhaltsanalyse. Auch wenn traditionelle Komponenten der Ausbildung weiterhin unerlässlich bleiben, empfiehlt es sich, den Nachwuchs mit Blick auf die aufgezeigten Entwicklungen frühestmöglich an die Hand zu nehmen: Die nachkommende Generation sollte bei ihrem Berufseinstieg mit den Rechtsfragen der Zukunft vertraut und mit Soft Skills hinsichtlich digitaler Arbeitsmethoden ausgestattet sein. Für uns als Nachwuchs gilt es, nicht von der disruptiven Welle der Digitalisierung überrollt zu werden, sondern schon während des Studiums auf ihr zu reiten.

Nicht länger warten – die Gründung von disrUPt law

Um unsere Zukunft in die eigenen Hände zu nehmen, gründeten wir im Sommer 2020 die studentische Initiative disrUPt law e.V in Heidelberg. Sie bietet eine kostenlose Weiterbildungsmöglichkeit für alle Personen, die sich den rechtlichen Herausforderungen der digitalen Welt zu stellen bereit sind. Dafür bringen wir Studierende und Berufsexperten zum fachlichen und persönlichen Austausch zusammen. Insbesondere wollen wir demonstrieren, dass sich juristische Tradition mit technischer Innovation verbinden lässt – denn dabei handelt es sich keineswegs um Gegensätze. Um dies zu erreichen und ein breites Angebot bereitstellen zu können, arbeiten bei disrUPt law die Teams Events, Knowledge und Marketing unter der Ägide des für die grundsätzliche Ausrichtung des Vereins verantwortlichen Präsidiums zusammen. In großer Runde ebenso wie in kleinen Expertengruppen entwerfen die Mitglieder Ideen für die Gestaltung der digitalen Zukunft des Rechts und werden in konstruktiver Atmosphäre dazu ermutigt, ihre jeweiligen Stärken einzubringen.

Wissen vermitteln und den Horizont erweitern

Konzeptuell setzt disrUPt law hierfür auf verschiedene Säulen, um Personen – unabhängig z.B. vom Ausbildungsabschnitt, in dem sie sich befinden – abholen zu können. Dazu zählen zum einen Events der Kategorie »Discovery«, im Rahmen derer Vortragende aus Theorie, Praxis und der Studierendenschaft selbst einführende Vorträge zu einzelnen Themen halten. Dies kann Inhalte zu Legal Tech-Anwendungen ebenso beinhalten wie aktuelle rechtspolitische Entwicklungen oder aber die Funktionsweise einer KI – das Ziel besteht darin, in kurzer Zeit über Technologie im Rechtsbereich sowie das Recht der Technologie zu informieren, Interesse zu wecken und die erhebliche Relevanz jener Bereiche zu unterstreichen. Wer sich dagegen tiefer einarbeiten möchte, wird bei den Knowledge-Seminaren von disrUPt fündig. Hier bietet sich die Gelegenheit der umfangreichen Auseinandersetzung mit spezifischen fachlichen Fragestellungen, die von den Teilnehmer:innen im Zuge aufeinander aufbauender Events durchdrungen werden. Zu bestimmten Themenkreisen – z.B. Blockchain oder der Digitalisierung von M&A-Transaktionen – finden ab dem Wintersemester umfassende »Academies« statt, bei denen sich auch ein Zertifikat erwerben lässt.

Praxiserfahrung sammeln und Kontakte knüpfen

Darüber hinaus füllt der Verein nicht lediglich die bestehenden Lücken in der juristischen Lehre, indem er entsprechendes Knowhow vermittelt, sondern setzt gezielt auch dort an, wo die klassische Ausbildung aufhört: Während bei »Impact«-Veranstaltungen praktische Erfahrungen im Vordergrund stehen und sich Mitglieder z.B. die Methodik von agilen Arbeitsprozessen erschließen, dient das »Connect«-Format dazu, das Netzwerk zu erweitern und in geselliger Runde weitere Legal Tech-Interessierte kennenzulernen. Insbesondere Letzteres – aber auch das Vereinsleben ganz allgemein – wird begünstigt durch flache Hierarchien und einen effizienten Recruiting-Prozess, der sicherstellt, dass nur Studierende mit ausgeprägter Wissbegierde und Lernbereitschaft ihren Weg in die einzelnen disrUPt-Teams finden.

Unterstützung aus der Praxis und KUNZ Rechtsanwälte als Förderpartner

Seit der Gründung durfte disrUPt law bereits eine Vielzahl von Personen und Institutionen zu Veranstaltungen begrüßen; von Professoren über Großkanzleien bis hin zu Startup-Gründern. Umso erfreulicher ist es, dass KUNZ Rechtsanwälte nun als erster Förderpartner eine intensivere Zusammenarbeit mit dem Verein beginnt. Als moderne, innovationsfreudige und stetig wachsende Wirtschaftskanzlei mit Büros in Koblenz, Mainz, Köln und Düsseldorf, die mehrfach sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene ausgezeichnet wurde, kann diese nicht nur praktische Einblicke in die Arbeitswelt von Morgen bieten, sondern vermag es gleichsam, die Themen Digitalisierung und Technologie durch persönlichen und fachlichen Austausch schon während der Ausbildung greifbar zu machen. Gemeinsam wollen disrUPt und KUNZ insbesondere längerfristige Projekte realisieren und Studierende dabei unterstützen, theoretische Kenntnisse aktiv umzusetzen.

The future is now

Eines steht nach alldem jedenfalls fest: Initiativen wie disrUPt law e.V. werden nichts unversucht lassen, um der juristischen Lehre ein UPgrade zu verpassen. Und jener Initiativen, wie auch dem Engagement von Studierenden, bedarf es dringend, um der noch immer andauernden Hegemonie des Faxgeräts in der Vorlesung »BGB AT« (sowie in mancher Kanzlei) endlich ein Ende zu bereiten.

Autor: Sebastian Böhm ist Student der Rechtswissenschaft in Heidelberg und beschäftigt sich insbesondere mit der Schnittstelle zwischen Technologie- und Kapitalmarktrecht; zuletzt im Zuge einer Seminararbeit zu Algorithmen im Hochfrequenzhandel. Daneben arbeitet er an einem Projekt zur Vernetzung von liberal-konservativen Leistungsträgern, ist Gesellschafter eines Startups, das Alerts für ungewöhnliche Kapitalmarktbewegungen bereitstellt und widmet sich der Literatur – seine aktuelle belletristische Sammlung erschien im September 2020 unter dem Titel »Die Astronautin«.

Autorin: Jennifer Schneider ist Studentin der Rechtswissenschaft in Heidelberg. Sie ist die Mitgründerin von disrUPt law und begleitet die Initiative seitdem als Financial Officer. Gemeinsam mit dem Vorsitzenden trifft sie die leitenden strategischen Entscheidungen für die Fortentwicklung von disrUPt und ist zusätzlich für das Compliance Management des Vereines verantwortlich. Sie beschäftigt sich vertieft mit der sinnvollen praktischen Anwendung von Legal Tech in der Praxis und damit, wie Studierenden ohne bisherige Berührungspunkte mit Technik selbige zugänglich gemacht werden kann.

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