Fachartikel

Wer kann Legal Operations: Über Juristen hinaus denken

In vielen Stellenanzeigen zu Legal Operations begegnet uns nach wie vor eine Voraussetzung:
ein abgeschlossenes Jura Studium (mind. 1. Staatsexamen) oder ein Bachelor in Wirtschaftsrecht. Sicher ist dies sinnvoll, um juristische Abläufe besser zu verstehen, allerdings stellt sich die Frage, ob die effiziente Verwaltung einer Rechtsabteilung nicht viel mehr erfordert als rechtliche Expertise.

Legal Operations – eine Definition

Ich verstehe Legal Operations als Enabler für die Rechtsabteilung, als Serviceprovider und Optimierungshelfer. Legal Operations hat vor allem die Organisation um die fachliche Beratung im Blick und kümmert sich um einen reibungslosen Ablauf. Dieser Ablauf wird in immer schneller werdenden Zeiten mit komplexer werdenden Anforderungen und gesetzlichen Regularien für viele Rechtsabteilungen mehr und mehr zur Herausforderung. Dies gilt es zu identifizieren und Lösungen zu finden, wie Prozesse verschlankt und optimiert werden können, wie neueste Technologie sinnbringend aber ebenso rechtssicher eingesetzt werden kann. So trägt Legal Operations zum Wandel der traditionellen Arbeitsweise in Rechtsabteilungen bei und wirkt sich auch auf die traditionelle Rolle von Anwälten aus.

Stoff für Innovation: Die Handwerkskunst von Legal Operations

Als Mitarbeiter eines Modeunternehmens liegt der Vergleich zum perfektionierten Kleidungsstück von der Idee bis zum Tragen nahe.

Ähnlich einem Schneider, der nicht nur Stoffe zusammennäht, sondern auch die individuellen Bedürfnisse seiner Kunden berücksichtigt, müssen wir über Abteilungsgrenzen hinweg denken und handeln. Wir benötigen nicht nur technisches Know-how, sondern auch ein tiefes Verständnis für die verschiedenen Bereiche des Unternehmens, um effektive Lösungen zu entwickeln, die sowohl juristische Anforderungen als auch betriebliche Bedürfnisse erfüllen.

Am Anfang steht die Idee des Designers, aber ein ganzes Team wird benötigt, um die Idee letztlich umzusetzen, das Design zu visualisieren, den Schnitt zu prototypisieren, die Wahl zu treffen über qualitative Stoffe und Garn zum Verbinden der Einzelteile, welche dann durch geschulte Sorgfalt zusammengefügt werden. Die Vision und das Ziel, ein Glanzstück der Saison zu schaffen, vereint dieses Team an verschiedenen Experten von Anfang an.

Um die Komplexitäten moderner rechtlicher Umgebungen mit Legal Operations zu bewältigen sind weitere Soft Skills über das juristische Zeugnis hinaus unerlässlich. Soziales Denken, die Fähigkeit, zwischen verschiedenen Perspektiven zu vermitteln, Kommunikationsstärke auch über Abteilungsgrenzen hinweg, fördert eine Kultur der Inklusivität und Zusammenarbeit. Ziel ist es die kollektiven Stärken von Fachleuten aus verschiedenen Hintergründen zu nutzen, Innovationen voranzutreiben und gemeinsame Erfolge zu erreichen. Das Denken über den Tellerrand hinaus und die Bereitschaft, Fehler als Lerngelegenheit zu betrachten, sind entscheidende Eigenschaften, um Unsicherheiten zu bewältigen und kontinuierliche Verbesserungen anzustreben.

Mit dieser Erkenntnis befinden wir uns in einer digitalen Evolution, die sich in einem rechtlichen Rahmen entfalten muss, unter Berücksichtigung wichtiger gesetzlicher Regularien und der akribischen Einhaltung dieser. Dies muss von juristisch gebildeten Personen stets überwacht werden. Außerhalb dieses Rahmens bedarf es an vorderster Front kreativer Köpfe, Personen mit einem Hang zu innovativem Denken und visionären Ideen. Sie sind die Wegbereiter, die konventionelle Normen herausfordern und ständig nach neuen Ansätzen suchen. Kreative entwerfen die Zukunft, identifizieren Verbesserungsmöglichkeiten im Ablauf rechtlicher Vorgänge und treiben organisatorischen Wandel voran.

Analytisches Denken ergänzt die Kreativität, indem komplexe Probleme analysiert und aussagekräftige Erkenntnisse abgeleitet werden können. Mit datengetriebenen Perspektiven spielen Analysten eine wichtige Rolle bei der Identifizierung von Ineffizienzen oder der Risikominimierung. Sie untersuchen sorgfältig Workflows, decken Optimierungspotentiale auf und treiben strategische Entscheidungen voran. Ihre Fähigkeit, Muster und Trends zu erkennen, stattet Rechtsabteilungen mit der Intelligenz aus, die für fundierte Entscheidungen und nachhaltiges Wachstum erforderlich ist.

Legal Operations beinhaltet ein einzigartiges Fähigkeitenportfolio, mit dem abstrakte Konzepte in greifbare Alternativen umgesetzt werden. Sie konzipieren und prototypisieren innovative Lösungen. Ob durch die Gestaltung von Automatisierungsworkflows oder der Entwicklung intuitiver Dashboards – Legal Operations nutzt sein Know-How, um Prozesse und Benutzererfahrungen zu verbessern. Die Visualisierung komplexer Konzepte fördert Klarheit und Effizienz und treibt den organisatorischen Erfolg in einer zunehmend digitalen Welt voran. Change Management ist essentiell, um die Organisation auf Veränderungen vorzubereiten und sicherzustellen, dass diese reibungslos umgesetzt werden. Kommunikation und Schulung sind Schlüsselfaktoren, um die Akzeptanz neuer Prozesse zu fördern.

Unverzichtbar ist auch radikales Denken, eine Art Veränderungsagent zu sein, der nicht davor zurückschreckt, den Status quo in Frage zu stellen und etablierte Normen zu durchbrechen. Die Bereitschaft, kalkulierte Risiken einzugehen und Unsicherheiten zu akzeptieren, ermöglicht es Rechtsabteilungen, sich an sich verändernde Marktbedingungen anzupassen und aufkommende Chancen zu nutzen.

Das Rückgrat technologischer Innovationen bilden IT Experten und nutzen ihre Expertise, um digitale Lösungen zu implementieren und zu optimieren. Sie schneidern letztlich die innovativen Lösungen, die eine Rechtsabteilung fortschrittlicher machen. In Legal Operations setzen IT Experten modernste Technologien ein, ihr tiefes Verständnis von Systemarchitektur und Softwareentwicklung ermöglicht es, das volle Potenzial auszuschöpfen und Interoperabilität miteinzubeziehen.

Legal Operations: Eine Zusammensetzung aus Kreativität und Fachwissen

Wie ein maßgeschneidertes Kleidungsstück, das die Persönlichkeit seines Trägers widerspiegelt, gestaltet Legal Operations eine Rechtsabteilung durch verschiedenste Talente und Qualifikationen. Anwälte sind zwar von entscheidender Bedeutung, können aber nicht die alleinigen Architekten aller Abläufe sein. Stattdessen bedarf es einer Palette an Geschick und Perspektiven, die traditionelle Grenzen überschreiten, um Kreativität, analytisches Denken, technologische Expertise und effektive Entscheidungsfindung zu umfassen. Vereinte Fähigkeiten von Change- und Projektmanagern, Paralegal, Legal Engineers sind nur wenige Beispiele dafür, wie juristisches Wissen durch Legal Operations ergänzt werden kann und sollte. Indem Rechtsabteilungen traditionelle Barrieren abbauen und die Zusammenarbeit über Disziplingrenzen hinweg fördern, verbessern sie nicht nur die betriebliche Effizienz, sondern fördern auch eine Kultur der Innovation, Zukunftsfähigkeit und nachhaltigen Wachstums.

Autorin: Sarah Würth ist seit über 15 Jahren in Digitalisierungsthemen engagiert, zunächst in der Justiz Baden-Württemberg, wo sie an verschiedenen Digitalisierungsprojekten mitarbeitete, einschließlich der Einführung elektronischer Grundakten. Seit 10 Jahren gehört sie der Rechtsabteilung eines globalen Modekonzerns an und bringt dort ihr Fachwissen als Legal Operations Expert ein, um Impulse für weitere Innovationen zu setzen.

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