Fachartikel

A perfect match: Rechts-KI braucht umfassende KI- und Rechtskompetenz

Das KI-Zeitalter ist auch eines der Verlockungen: Wer nicht aufpasst, erliegt schnell der Verlockung vermeintlich leichter Arbeitsersparnis. Alternativ kann man dem Dunning-Kruger-Effekt verfallen und umso überzeugter von einer Materie sein, je weniger Fachkenntnis vorliegt. Entsprechend ist es besonders wichtig, für die Entwicklung von Rechts-KI umfassende Rechts- und KI-Expertise zu kombinieren.

Verlockungen der KI

Allgemein zugängliche Chatbots sind auch für KI-Laien schnell und einfach zu bedienen – und können Jurist:innen insbesondere unter Zeitdruck dazu verleiten, beispielsweise einen Vertrag schnell von einer solchen KI erstellen zu lassen. Dabei sehen die Ergebnisse z.T. auf den ersten Blick vernünftig aus. Allerdings kann es ein böses Erwachen geben – wie in dem mittlerweile häufig zitierten US-Fall Matia v. Avianca, aus dem Jahr 2023, als ein Anwalt in einem mithilfe von ChatGPT recherchierten Schriftsatz inexistente Urteile zitierte und diesen anschließend bei einem New Yorker Gericht einreichte.

Bei solch einem Vorgehen wird oft außer Acht gelassen, dass herkömmliche KI-Angebote eben nicht auf den Rechtsbereich spezialisiert sind, da sie meist nur mit allgemeinen Daten trainiert wurden. Große Urteilssammlungen oder einschlägige Kommentare befinden sich hingegen oftmals hinter einer Bezahlschranke und können für das Training dieser allgemeinen Modelle daher nicht genutzt werden. Stattdessen wurden die großen KI-Modelle beispielsweise mit Textsammlungen wie dem BooksCorpus angereichert. In dieser im Internet verfügbaren Datenbank befinden sich hauptsächlich von ihren Autor:innen selbst publizierte Bücher – davon etwa ein Drittel Liebesromane. Genauso wenig wie wir in der analogen Welt juristische Laien mit einer fachlichen Expertise zu Liebesromanen juristische Schriftstücke aufsetzen lassen würden, sollten wir eine KI ohne juristische Vorkenntnisse für rechtliche Sachverhalte einsetzen.

Ist diese erste Hürde genommen und die Erkenntnis gereift, dass eine spezialisierte Rechts-KI für den Einsatz im Rechtsbereich erforderlich ist, gilt es zwei weitere Versuchungen zu umschiffen – zum einen von Seiten der Rechtsexpert:innen, zum anderen von Seiten der KI-Expert:innen.

Eventuell ist man versucht, die Anwaltskolleg:innen, die „in ihrer Freizeit doch ein wenig programmieren“, damit zu beauftragen, aufbauend auf frei verfügbaren konventionellen Sprachmodellen ein KI-Tool für die eigene Kanzlei oder Rechtsabteilung zu bauen. Leider ist es aber mit einer schönen Benutzeroberfläche und gespeicherten Prompts oftmals nicht getan. Entscheidend ist, was sich unter der Oberfläche verbirgt – und dort scheitern solche self-made Tools oftmals daran, dass die Komplexität der dahinterliegenden KI-Technologie und der tatsächlich notwendige Einsatz personeller und materieller Ressourcen deutlich unterschätzt werden.

Versuchen sich wiederum KI-Expert:innen allein an der Entwicklung von Rechts-KI, kann bei klassischer Tech-Mentalität des „Move fast and break things“ viel wertvolles Glaubwürdigkeitsporzellan zerschlagen werden. So kann beispielsweise die Relevanz von Vertraulichkeit, Datenschutz, Berufsgeheimnis oder der Qualität der juristischen Trainingsdaten unterschätzt und stiefmütterlich behandelt werden.

Präzision, Komplexität und Dynamik des Rechts

Dabei eignet sich insbesondere der Rechtsbereich theoretisch sehr gut für die Entwicklung und den Einsatz von KI. Neben den bekannten pragmatischen Gründen wie Zeitersparnis, Effizienzsteigerung und drohendem Fachkräftemangel aufgrund stetig sinkender Studierenden- und Absolventenzahlen in den Rechtswissenschaften liegt dies vor allem an zwei der Materie inhärenten Gründen:

Zum einen handelt es sich bei der Rechtswissenschaft um ein stark regelbasiertes, auf sich selbst referenzierendes System mit einer eigenen Fachsprache, die festen Normen folgt und von exakten Definitionen geprägt ist. Zum anderen verfügt die Rechtswissenschaft über eine Vielzahl potenzieller (teilweise kanonisierter) Trainingsdaten, bspw. in Form von Gesetzestexten, Kommentaren und Urteilen. Daher lohnt es sich, KI- und Rechtsexpertise bei der Entwicklung von Rechts-KI miteinander zu kombinieren.

Gleichzeitig ist die Entwicklung einer Rechts-KI nicht trivial. Die Rechtswissenschaft ist auf eine sehr präzise Verwendung ihrer Fachsprache angewiesen – bereits kleine sprachliche Abweichungen, die für Laien z.T. nicht erkennbar sind, können von entscheidender Bedeutung sein. Hinzu kommen die Komplexität und Dynamik von Rechtssystemen. Es gibt viele verschiedene Rechtsgebiete mit jeweils eigenen Besonderheiten, die im Laufe der Zeit auch z.T. verändert, ergänzt oder ersetzt werden. Eine Rechts-KI muss diese Komplexität „verstehen“ und in ihr navigieren können. Ihre Entwicklung erfordert daher domänenspezifisches juristisches Fachwissen.

Diese großen Mengen an juristischen Dokumenten und Informationen muss eine Rechts-KI wiederum verarbeiten und analysieren können. Dies erfordert in der Entwicklung und im Fine-Tuning ein hohes Maß an Expertise in KI-Technologien wie maschinellem Lernen, Natural Language Processing (NLP) und Datenanalyse. Ebenso ist es mit einem rein rechtlichen Verständnis der notwendigen Datenschutz- und Sicherheitsanforderungen an Rechts-KI nicht getan. Die rechtlichen Anforderungen, bspw. der anwaltliche Geheimnisschutz, müssen auch in handfeste und komplexe Technologien übersetzt werden können.

Schließlich gibt es neben diesen inhaltlichen Punkten auch ganz banale Gründe, weshalb KI- und Rechtsexpert:innen bei der Entwicklung von Rechts-KI zusammenarbeiten sollten. Jurist:innen wissen am besten, welche technischen Lösungen ihren Arbeitsalltag am meisten und deutlichsten verbessern würden. Für eingefleischte AI Engineers mag der hohe Stellenwert von Word im juristischen Berufsalltag vielleicht befremdlich erscheinen. Jurist:innen hingegen haben in ihrem Arbeitsalltag keinen Nutzen für überkomplizierte Dashboards.

Das Beste aus beiden Welten: die souveräne Rechts-KI Noxtua

Ein Beispiel für eine solche Kombination an KI- und Rechtskompetenz ist Noxtua, die erste bekannte souveräne Rechts-KI aus Europa. Entwickelt wird Noxtua von dem KI-Startup Xayn, das bereits 2017 (und damit lange vor dem allgemeinen KI-Hype) aus Forschung an der Oxford University und dem Imperial College London hervorgegangen ist. Die Wirtschaftskanzlei CMS steuert insbesondere umfangreiche Rechtsexpertise und hochwertige juristische Texte als Trainingsdaten für das eigens entwickelte juristische Sprachmodell bei. Mit dem darauf basierenden Legal Copilot können Nutzer:innen juristische Dokumente analysieren, überprüfen, zusammenfassen und neu schreiben lassen. Durch das spezialisierte Sprachmodell ist Noxtua somit mit juristischen Ausdrücken vertrauter und die Nutzung ist darüber hinaus auch rechtskonform, da die KI etwa die berufs- und datenschutzrechtlichen Anforderungen (bspw. § 203 StGB, § 43e BRAO) erfüllt. Dies macht Noxtua zu einer sicheren und unabhängigen Rechts-KI aus Europa.

Autorin: Nathalia Schomerus ist seit 2022 bei CMS und ist dort Leiterin des Teams Künstliche Intelligenz. Sie ist u.a. Juristin und Theologin und schloss ihr Studium als Clore Graduate Scholar an der Universität Oxford ab. Vor ihrer Zeit bei CMS war sie mehrere Jahre in England und Israel in der Wissenschaft tätig und gründete anschließend ein Start-Up, für welches sie als Forbes 30Under30 Europe ausgezeichnet wurde.

Autor: Dr. Leif-Nissen Lundbæk ist CEO und Co-Founder des KI-Unternehmens Xayn, Entwickler von Noxtua, Europas erster souveräner Rechts-KI. Der FORBES 30Under30-Visionär studierte Wirtschaft, Mathematik und Software Engineering in Berlin, Heidelberg sowie Oxford und erhielt seinen PhD am Imperial College London.

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