Legal Operations: vorübergehender Trend oder eine Notwendigkeit unserer Zeit?
Das Konzept von Legal Operations, oft auch als Legal Ops abgekürzt, erfährt weltweit zunehmende Beachtung. Auch in Deutschland hat man in diesem Jahr einen spürbaren Anstieg des Interesses seitens der Juristen feststellen können. Dies zeigte sich in einer wachsenden Vielfalt an Formaten, die diesem Thema gewidmet wurden. Von Legal Ops-Konferenzen über den Legal Operation Roundtable bis hin zum Legal Ops Speed Dating – die Bandbreite der Veranstaltungsformate verdeutlicht die verstärkte Zuwendung und die Bedeutung dieses Bereichs für die Rechtsbranche.
Legal Operations umfasst die Optimierung von Prozessen, Ressourcen und Technologien in Rechtsabteilungen und Anwaltskanzleien. Der Begriff an sich ist nicht neu, und die Kernkompetenzen, die Legal Ops definieren, existieren genauso lange wie Rechtsabteilungen selbst. Im Wesentlichen kümmert sich Legal Ops um alles, was neben der tatsächlichen Rechtsberatung anfällt. Während sich Legal Op früher aber noch hauptsächlich auf administrative Aufgaben beschränkten, hat sich das Aufgabenspektrum aufgrund der wachsenden Komplexität im rechtlichen Umfeld zuletzt aber deutlich erweitert.
Wieso sind Legal Operation-Funktionen heutzutage wichtiger denn je?
Legal Operations-Experten sind heutzutage oft für Budgetverwaltung, Entwicklung und Implementierung von Richtlinien und Best Practices, Steigerung der Effizienz der juristischen Dienstleistungen und die Gewährleistung der Zusammenarbeit und des Wissensaustauschs zwischen den juristischen Akteuren verantwortlich. Das Corporate Legal Operations Consortium (CLOC), das vor 13 Jahren in den USA gegründet wurde, hat in den letzten Jahren einen enormen Zuwachs an Mitgliedern verzeichnet, von einer Handvoll Menschen auf Tausende Legal Ops-Spezialisten. Derzeit sind etwa 10.000 Profile bei LinkedIn zu finden, die „Legal Operations“ in ihrer Bezeichnung führen, und bundesweit gibt es rund 200 offene Stellen in diesem Bereich.
Diese Entwicklung spiegelt die zunehmende Bedeutung von Legal Operations als unverzichtbaren Bestandteil des täglichen Geschäftsbetriebs in Organisationen wider, wobei die Notwendigkeit einer effizienteren Arbeitsweise in Anwaltskanzleien und Unternehmen eine entscheidende Rolle spielt. Angesichts der Veränderungen im Rechtsmarkt stehen Kanzleien vor einer Vielzahl von Herausforderungen. Die wachsende Komplexität von Vorschriften erfordert eine effektivere und genauere Rechtsverwaltung. Unternehmen suchen ständig nach Möglichkeiten, Kosten zu senken, was wiederum die Preise für juristische Beratung unter Druck setzt Die Erwartungen der Mandanten steigen aufgrund der digitalen Transformation und neuer Technologien, die erhebliche Effizienzgewinne versprechen, enorm. All dies verschärft auch den Wettbewerb auf dem Rechtsmarkt. Die Nachfrage nach Inhouse-Jurist:innen-Dienstleistungen hat zugenommen, was eine effektivere Verwaltung juristischer Ressourcen erfordert. Vor diesem Hintergrund werden Kanzleien in naher Zukunft gezwungen sein, ihre Geschäftsmodelle zu überdenken und innovative Ansätze zu entwickeln, um diesen Herausforderungen gerecht zu werden. Wie groß der Druck auf den Rechtsmarkt ist, zeigt sich nicht zuletzt an der jüngst aufgekommenen Diskussion zur Zukunftsfähigkeit der – aus den Köpfen vieler Rechtsanwält:innen gar nicht wegzudenkenden – stundenbasierten Abrechnung.
Legal Operations und Legal Technology
Bei der effizienten und kosteneffektiven Steuerung juristischer Prozesse, dem Kernbereich der Legal Operations, spielen moderne Legal Technology-Lösungen eine entscheidende Rolle. In diesem Kontext möchte ich einige konkrete Anwendungsfälle aus meiner beruflichen Praxis näher erläutern. In unserer auf Arbeitsrecht spezialisierten Kanzlei Pusch Wahling Workplace Law (PWWL), kommen täglich Vertragsautomatisierungen und standardisierte Schreiben zum Einsatz, welche maßgeblich zur Effizienz und Präzision der anwaltlichen Arbeit beitragen. Auch unser Legal Tech-Tool zur Reduzierung des Annahmeverzugsrisikos ist sehr beliebt bei Anwälten und Mandaten. Das sogenannte Kündigung+ Tool liefert auf Grundlage der einmalig von unseren Mandanten übermittelten Daten in regelmäßigen Abständen Konvolute an zumutbaren Jobangeboten, begleitet von vorformulierten Schreiben für die Gegenseite und für Mandanten zur sofortigen Verwendung durch unsere Anwälte. Das Tool spart die Arbeitszeit an dem Mandat und führt zu Kostenreduzierung und Zufriedenheit der Mandanten.
Zusätzlich verfügen unsere Rechtsexperten über eine Suite aus drei Tools, die eine umfassende Unterstützung bei komplexen Restrukturierungsprojekten im Arbeitsrecht bieten. Die Restrukturierungssuite ermöglicht es den Anwälten von PWWL, die Kosten für Restrukturierungsmaßnahmen in verschiedenen Szenarien in wenigen Minuten zu berechnen, das Maximalvolumen eines Sozialplans anhand fundierter Zahlen für Sozialverhandlungen zu ermitteln und eine gut begründete Sozialauswahl unter Berücksichtigung der rechtlichen Gestaltungsspielräume zu treffen. Die Entwicklung dieser Prozesse erfolgte in enger Zusammenarbeit zwischen den Legal Tech-Experten und den Rechtsanwälten. In der Praxis hat sich gezeigt, dass dies der effektivste Ansatz zur Verbesserung von Legal Operations ist.
Legal Ops-Trends für 2024
Aufgrund allgemeiner Trends in der Branche und der vorangegangenen Entwicklung lassen sich einige mögliche Tendenzen in der Welt der Legal Operations für das Jahr 2024 prognostizieren.
KI und Automatisierung werden verstärkt in Rechtsabteilungen eingesetzt, um repetitive Aufgaben zu automatisieren und die Effizienz zu steigern, wie z.B. Vertragsverarbeitung, Dokumentenanalyse und Risikovorhersage. Abzusehen ist auch, dass verstärkt auf Datenanalyse und Business Intelligence gesetzt wird, um Budgets und andere Ressourcen zu optimieren. Angesichts der unter anderem durch Einsatz von KI möglichen Bedrohungen im Bereich Cybersecurity und Datenschutz werden Legal Operations-Abteilungen am Schutz sensibler Daten und der rechtlichen Compliance arbeiten müssen. Gesetzgeber und Unternehmen richten ihr Augenmerk verstärkt auf soziale Verantwortung, ESG und Umweltschutz, wodurch erwartet wird, dass die Trendthemen wie Nachhaltigkeit und Ethik in Legal Operations an Bedeutung gewinnen. Die Beziehung zwischen Anwälten und Legal Operations-Teams wird sich möglicherweise weiterentwickeln, wobei Legal Operations-Experten eine aktivere Rolle in der strategischen Rechtsberatung spielen könnten.
Zusammenfassung
Durch die Integration von Legal Operations können juristische Verfahren schneller, transparenter und kosteneffizienter gestaltet werden. In der modernen Rechtspraxis sind Legal Operations zu einem unverzichtbaren Element geworden. Mithilfe von Technologieimplementierung, Prozessoptimierung und Datenanalyse können Rechtsabteilungen und Anwaltskanzleien ihre Leistung steigern und gleichzeitig ihre Budgets effektiver und effizienter verteilen. Es steht außer Frage, dass Legal Operations die Zukunft der Rechtsbranche maßgeblich beeinflussen werden, da sie den Wandel in der Erbringung juristischer Dienstleistungen vorantreiben.
Daher werden Legal Operations-Teams nun als essenziell für die Entwicklung jeder Anwaltskanzlei oder eines jeden Unternehmens angesehen. Diese Veränderung spiegelt die sich wandelnden Anforderungen im Rechtsbereich wider und deutet darauf hin, dass Legal Operations in den kommenden Jahren voraussichtlich weiterhin an Bedeutung gewinnen wird.
Autorin: Alena Shenberg ist Legal Tech Projekt Managerin bei Pusch Wahlig Workplace Law und Vorstandsmitglied bei eLegal e.V.
