Fachartikel

Interview zum neuen Rechtshandbuch Artificial Intelligence und Machine Learning

Im Bereich Legal Tech werden in naher Zukunft vor allem künstliche Intelligenz und Machine Learning eine immer größere Rolle spielen. Dr. Markus Kaulartz und Tom Brägelmann haben sich in ihrem neuen Buch „Rechtshandbuch Artificial Intelligence und Machine Learning“ diesem Thema angenommen. Im folgenden Interview beantworten die beiden die wichtigsten Fragen.

LTV: Sie legen als Herausgeber das erste umfassende Rechtshandbuch zu Künstlicher Intelligenz im deutschsprachigen Raum vor. Ist das ein Nischenthema aus der Science Fiction oder betrifft uns das alle?

Kaulartz: Es geht in dem Buch nicht um intelligente Roboter, die uns Menschen Konkurrenz machen. Ob wir diese Stufe der Künstlichen Intelligenz in absehbarer Zukunft erreichen, ist ungewiss, für Praktiker aber auch nicht interessant. Das Buch behandelt die sogenannte schwache KI. Es geht um schlaue Computer, die aus Daten lernen und das Erlernte auf neue Sachverhalte anwenden. Das passiert heute schon oft und wird künftig noch viel häufiger passieren. Werden diese Zeilen etwa am Bildschirm gelesen und würde man eine KI einsetzen, so wüsste diese zum Beispiel, dass die Leserin Interesse an innovativen Themen hat und könnte ihr in Zukunft vielleicht eher Werbung für neue Elektrogeräte als für antike Vasen anzeigen.

Braegelmann: Es betrifft uns alle, weil wir uns alle für überdurchschnittlich intelligent halten und es kränkend ist, wenn ein dummer Computer auf einmal eine bisher von Menschen gehandhabte Aufgabe besser, schneller und billiger erledigt. KI ist ein schillernder Begriff. Der Erfinder des Begriffes, John McCarthy, prägte ihn 1956 und stellte später fest: „As soon as it works, no one calls it AI anymore.“ Die Rechtsprobleme entstehen, weil es manchmal normativ oder verfassungsrechtlich, Stichwort „Robo-Judge“, nicht akzeptabel ist, eine Aufgabe allein einer Maschine zu überlassen oder weil in vielen Bereichen “besser, schneller und billiger” nicht die alleinigen Kriterien sein können. E – es kann ja nicht hingenommen werden, dass eine Maschine zwar “besser, schneller und billiger” agiert, aber zum Beispiel nonchalant den Datenschutz oder Urheberrechte verletzt oder zwar effiziente aber ungerechte Ergebnisse produziert.

LTV: Wieso wird gerade jetzt so viel über KI diskutiert?

Kaulartz: KI selbst gibt es schon eine ganze Weile, in ganz unterschiedlichen Ausgestaltungen. Hohe Rechenleistungen, viel Speicherplatz und schnelle Internetverbindungen, wie wir sie heute haben, befeuern die Entwicklung aber ungemein. Denn je mehr Daten eine KI hat, um darin Korrelationen zu entdecken und daraus zu lernen, desto nützlicher sind ihre Vorhersagen. Mit der weiteren Entwicklung von Hard- und Software in den nächsten Jahren können wir davon ausgehen, dass sich auch KI sehr stark verbreitet und Echtzeitanalysen mit gigantischen Datenmengen möglich werden. 

Braegelmann: Deutschland und die EU haben gemerkt, dass China und die USA große Fortschritte bei der Entwicklung und dem kommerziellen Einsatz von KI machen. Sowohl die Unternehmen als auch die Regierungen in Deutschland und der EU hecheln hinterher. Dabei ist insbesondere in Deutschland die KI-Forschung stark. Es wird nun versucht, in Deutschland und der EU zu China und den USA aufzuschließen. Das bedeutet, dass es mehr Versuche gibt, brauchbare KI auch in Deutschland einzusetzen, sowohl kommerziell als auch von staatlicher Seite.

LTV: An wen richtet sich das Buch?

Kaulartz: Das Rechtshandbuch KI richtet sich an Juristinnen und Juristen aus der Praxis. Wir hatten das Glück, hochkarätige Autorinnen und Autoren begeistern zu können, die Beiträge zu vielen rechtlichen Themen beisteuern, etwa das Haftungs- und Vertragsrecht, das Strafrecht oder die Regulierung von KI. Technische Vorkenntnisse sind nicht notwendig, dafür gibt es zu Beginn des Buches mehrere Kapitel zur Einführung, die auch für technisch nicht vorgebildete Leser verständlich sind.

Braegelmann: Uns war wichtig, soweit wie möglich Autorinnen und Autorinnen zu gewinnen, welche bereits wie wir Praxiserfahrungen im rechtlichen Umgang mit KI/ML haben. Unser Gedanke und unser Bestreben war, der Leserschaft zügig dabei auf die Sprünge zu helfen, welche Rechtsprobleme und -themen beim Einsatz von KI bereits jetzt aktuell in der Rechtsberatung relevant sind und welche brauchbaren Lösungsvorschläge es gibt. Denn wir können nicht alle warten, bis BGH, BVerfG und EuGH irgendwann einmal alle KI-Rechtsprobleme durchdekliniert haben, wir müssen jetzt rechtlich beraten, und zwar richtig. Dabei hilft das Buch, hoffen wir.

LTV: Vielen Dank für das interessante Interview und weiterhin viel Erfolg.

Das „Rechtshandbuch Artificial Intelligence und Machine Learning“ kann hier erworben werden.

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