Fachartikel

Die juristische Arbeit als Projekt

Wenn man über Projektmanagement im juristischen Kontext spricht, muss man zuerst die Frage stellen, was ein Projekt eigentlich ist. Ein Projekt wird definiert als „ein zeitlich begrenztes Unterfangen, das unternommen wird, um ein einzigartiges Produkt, eine Dienstleistung oder ein Ergebnis zu schaffen.“ (Project Management Institute, The standard for project management and a guide to the project management body of knowledge (PMBOK guide) 7th Edition (2021) 4).

Projektmanagement-Fähigkeiten gehören zu den „Top-Fähigkeiten, die man in der Rechtsbranche im Jahr 2022 haben muss“ (Ouis, Top Skills to have in the Legal Industry in 2022). Es ist keine Voraussetzung, dass es sich um eine große Anwaltskanzlei handelt, um Projektmanager zu haben; auch kleine Kanzleien oder Einzelkämpfer:innen können diese Fähigkeiten erwerben. Insbesondere komplexe juristische Projekte, z.B. eine Due Dilligence, erfordern multidisziplinäre Fähigkeiten, bei denen auch Projektmanagement eine wichtige Rolle spielt. Aber auch in der tägliche Organisation einer Kanzlei bieten Projektmanagementskills einen Mehrwert.

Bei der Planung eines juristischen Projekts sollten unter anderem diese Punkte berücksichtigt werden (Bull, The Agile law firm (2021) 67):

  • klar definierte, vereinbarte und dokumentierte Auftragsbedingungen;
  • wie Zeit, Gebühren und Kosten gehandhabt werden;
  • transparenter Arbeitsumfang;
  • wann und wie Mandant:innen über Fortschritte und Kosten informiert werden;
  • wie Änderungswünsche vereinbart werden; und
  • ein Zeit- und Ressourcenplan.

Natürlich ist nicht jede Arbeit ein Projekt; manchmal ist es erforderlich, eine laufende Beziehung aufzuschlüsseln, um ein Projekt zu definieren. Wichtig ist auch zu beachten, dass es einerseits keine Mindestgröße für ein Projekt gibt, und andererseits die Fähigkeiten und Mehoden, die für ein funktionierendes Projektmanagement erforderlich sind, auch in anderen Tätigkeiten hilfreich sein können. Dies können Methoden aus klassischen Wasserfallprojekten, wie GANTT Charts oder Definitionen von Phasen sein, oder agile Methoden wie Kanban oder Scrum.

Diese Methoden und Fähigkeiten lassen sich nicht nur in der Arbeit mit Mandant:innen gut einsetzen, sondern können auch kanzleiintern gut angewendet werden. Deswegen bleibt mir nur, Ihnen ein „Happy (Project) Planning“ zu wünschen!

Autorin: Mag. Katharina Bisset, MSc ist selbstständige Rechtsanwältin in NÖ, CEO und Co-Founderin der LegalTech Unternehmen NetzBeweis GmbH und der Nerds of Law. Davor war sie mehrere Jahre in großen IT-Unternehmen tätig. Ihre Spezialgebiete sind IT-, IP-, Medien- und Datenschutzrecht. Zusätzlich zur juristischen Ausbildung hat sie einen Master of Science in Engineering in Business Process Management and Engineering. Sie ist darüber hinaus Disziplinarrätin in der RAK NÖ, Mitglied des Arbeitskreis IT und Digitalisierung des ÖRAK und Lektorin auf der FH Wiener Neustadt und der FH des BFI Wien. Katharina Bisset ist Autorin des Buchs: Agile Lawyer – Implementing Agile Principles in the Attorney-Client Relationship

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