FachartikelLegal Tech Rechtsabteilung

Der weibliche Einfluss auf Legal Innovation

Zu oft werden Rechtsabteilungen noch heute eher als Kostenverursacher wahrgenommen und nicht als Enabler. Dabei haben sie das Potenzial Lösungen und Prozesse zu entwickeln, die auch anderen Bereichen des Unternehmens eine erhebliche Erleichterung verschaffen und sich damit auch finanziell positiv auf das Unternehmen auswirken. Um innerhalb des Unternehmens als Enabler wahrgenommen zu werden, müssen Rechtsabteilungen innovativer werden und veraltete Strukturen hinterfragen. Das kann nur gelingen, wenn die Herausforderungen des status quo mit diversen Ansätzen überdacht werden – insbesondere unter Einbeziehung von Frauen. Dabei gibt es einige einfache Möglichkeiten, die Rechtsabteilungen ergreifen können um schnelle Erfolge zu erzielen.

Innovation ist mehr als Legal Tech

Innovation in der Rechtsabteilung bedeutet vieles: Einsatz von Tech Tools, neue Prozesse und Strukturen und Wege schneller und effizienter Rechtsberatung erbringen zu können. Aber auch Diversity und Empowerment zählt heute als Innovation.

Denn eine der wichtigsten Erkenntnisse der letzten Jahre ist, dass die Rechtsabteilung divers aufgebaut werden muss, um wirklich innovativ sein zu können. Das bedeutet insbesondere, dass veraltete Strukturen zu überdenken sind und from the scratch wieder aufgebaut werden müssen. Innovation kann nur entstehen, wenn aktiv über eigene Ideen und verschiedene Ansichten gesprochen wird. Es braucht hierfür nicht nur einen Dialog zwischen Jung und Alt, sondern auch zwischen Frau und Mann. Denn nur neue Denkansätze und außergewöhnliche Ideen können dazu führen, dass der Legal Bereich nicht hinter anderen zurückbleibt und die Chance verpasst Innovationen umzusetzen.

Innovation muss weiblich werden

Über lange Zeiträume wurden Frauen nicht oder nicht ausreichend in Prozesse zur Entwicklung von Innovationen eingebunden. Herausforderungen wurden häufig in homogenen Gruppen, meist bestehend aus weißen Männern, besprochen und berücksichtigten damit viele Aspekte nicht. Dabei ist die Einbindung von Frauen ein Katalysator für Innovationen. Sie bringen eigene Sichtweisen, neue Ansätze und den Blick auf Herausforderungen mit, die ihre männlichen Kollegen nicht vorweisen können. Dies ist darin begründet, dass Frauen in der Gesellschaft mit anderen Herausforderungen konfrontiert sind, die ausschließlich auf ihrem Geschlecht beruhen. So werden beispielsweise männliche Vorstände kein eigenes Interesse daran haben, dass die Regelungen des Mutterschutzes auch für Mitglieder des Vorstandes gelten. Genau an dieser Stelle können Frauen und Männern gemeinsam ein ganzheitliches Bild der Bereiche zeichnen, die Innovation bedürfen.

Im Rechtsbereich umfasst das insbesondere Strukturen und Prozesse, die Frauen systematisch benachteiligen und daher zu Situationen führen in denen ein starkes Ungleichgewicht zum Beispiel zwischen männlichen und weiblichen Kolleg:innen auf Führungsebene führt. Bereits der Blick auf die Anzahl weiblicher Partnerinnen in Großkanzleien oder weiblicher Rechtsvorständinnen oder weiblicher General Counsel zeigt, dass es noch einige Stellen gibt, an denen innovative Strukturen für mehr Chancen für Frauen sorgen.

A woman with a voice is, by definition, a strong woman.

Eine Stimme zu entwickeln und aktiv in die Öffentlichkeit zu treten, ist besonders für viele junge Frauen ein schwerer Schritt. Das liegt unter anderem daran, dass Sichtbarkeit von Frauen oft negativer wahrgenommen wird als die ihrer männlichen Kollegen. So werden Frauen schneller als “emotional” abgeschrieben, wenn das gleiche Verhalten bei Männern als “leidenschaftlich” bezeichnet wird. Dies bedeutet oft, dass die negative Wahrnehmung und dadurch geschaffene unterschiedliche Behandlung von Frauen im Bereich Legal Innovation zu einer Unterrepräsentation führt. Bei vielen Veranstaltungen herrscht beispielsweise ein starkes Ungleichgewicht zwischen männlichen und weiblichen Expert:innen.

Wir brauchen mehr Frauen, die die Zukunft des Legal-Bereichs sichtbar mitgestalten. Sorge vor Kritik, Sorge vor negativen Reaktionen von Kolleginnen und Kollegen oder Sorge vor der Bezeichnung als Hochstaplerin (sog. Imposter Syndrome) führen dazu, dass sich dieser Trend fortsetzt. Allerdings werden diese Sorgen zerstreut, wenn es eine stärkere Repräsentation von Frauen im Bereich Legal Innovation gibt und die Sichtbarkeit von Frauen auch gesellschaftlich anders wahrgenommen wird.

Rechtsabteilungen können viele Maßnahmen ergreifen, die Female Empowerment begünstigen. Unter anderem kann die Repräsentation von Frauen in Führungspositionen ein elementarer Bestandteil sein. Durch die aktive Förderung und die Besetzung wichtiger Stellen mit Frauen, werden andere Kolleginnen durch diese “Role Model” dazu ermutigt selbst eine aktive Rolle einzunehmen. Eine weitere Maßnahme könnte die aktive Ermutigung von Frauen sein, sichtbarer zu werden, in dem die Rechtsabteilung Frauen als Vertreterinnen der Rechtsabteilung auf Konferenzen vorschlagen. Dadurch verschaffen sich Rechtsabteilungen einen erheblichen Wettbewerbsvorteil: sie integrieren das gesamte Team und vervielfachen damit die Lösungsansätze für ihre Herausforderungen.

Hier drei Tipps zur Förderung von Female Impact in der Rechtsabteilung:

1. Motivieren Sie Ihre Mitarbeiterinnen sichtbarer zu werden.

2. Unterstützen Sie Ihre Mitarbeiterinnen durch das Schaffen von Strukturen, die Frauen nicht benachteiligen.

3. Sprechen Sie Ihre Mitarbeiterinnen aktiv darauf an, welchen Herausforderungen sie ausgesetzt sind und welche Lösungen sie dafür vorschlagen.

Diverse Teams sind innovativ, da Themen aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet werden. Indem Frauen in Rechtsabteilungen insbesondere bei Zukunftsthemen aktiv einbezogen werden, schaffen wir auch ein Selbstverständnis für die nächste Generation: Deine Stimme ist wichtig – deine Vision ist interessant!

Autorin: Anne Graue ist Legal Counsel bei einem deutschen Automobilhersteller. Zuvor war sie Associate General Counsel bei TIER Mobility SE – einem hyper-growth Start-Up im Bereich der e-Mobilität, bei dem sie die Digitalisierung & den Aufbau der Rechtsabteilung vorantrieb. Vor dieser Tätigkeit arbeitete sie als Legal Counsel bei der AUDI AG, wo sie für Rechtsstreitigkeiten in APAC zuständig war und zu Themen der E-Mobilität im Bereich der Produktsicherheit beriet. Zu ihren früheren Erfahrungen gehört die Arbeit als Strafrichterin und Associate bei Clifford Chance.

Autorin: Fatima Hussain, LL.M. ist zugelassene Rechtsanwältin und Senior Legal Counsel bei Trade Republic. Zuvor war sie bei der Tesla Manufacturing Brandenburg SE und der AUDI AG als Syndikusrechtsanwältin tätig. Während ihrer Tätigkeit bei der AUDI AG umfasste ihr Aufgabenfeld die rechtliche Beratung zu Fragen der Produkthaftung und -sicherheit in Deutschland und internationalen Märkten, zum Beispiel den USA und Kanada und das Führen von nationalen und internationalen Klageverfahren. Sie war vor ihrer Tätigkeit im bei der AUDI AG als juristische Mitarbeiterin im Team Dispute Resolution bei Freshfields Bruckhaus Deringer und im Team Banking & Capital Markets bei Clifford Chance LLP in Frankfurt am Main tätig.

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