Legal Tech Startup – Hindernisse und Hürden
Die Legal Tech Szene erfährt derzeit einen enormen Aufschwung. Die Technisierung kommt langsam aber sicher auch in den meisten juristischen Bereichen an. Doch auch wenn die Legal Tech Szene schnell wächst, so ist der tatsächliche alltägliche Einsatz noch gering. Dies liegt an unterschiedlichsten Hindernissen und Hürden, die ein Legal Tech Startup zu meistern hat. Dieser Artikel soll einige davon aufzeigen und schlägt Problemlösungen vor.
Juristische Expertise
Ein Problem, welches Startups im Allgemeinen haben, ist die fehlende Beschränkung der Tätigkeit auf die eigenen Kernkompetenzen. Ein Startup, das es sich zur Aufgabe gemacht hat Finanzen zu verwalten, sollte nicht nur aus Medizinern bestehen. Ebenso ist es für ein Legal Tech Startup unvermeidbar auf juristische Expertise und rechtliche Erfahrung zurückgreifen zu können. Um ein Produkt für die Vereinfachung der alltäglichen Anwaltsarbeit entwerfen zu können, müssen Erfahrungen selbiger auch bei der Entwicklung miteinfließen. Genau da besteht aber die Hürde: ein Anwalt ebenso wie ein Unternehmensjurist haben selten den unternehmerischen Ehrgeiz und infolge finanziellen Wohlstands selten die Notwendigkeit für ein Legal Tech Startup voll zu arbeiten. Dagegen fehlt Jura-Studenten die Praxiserfahrung.
Lösung: Zum einen kann ein Startup das juristische Know-how durch Kooperationen mit anderen Legal Tech Startups oder Rechtsanwaltskanzleien einholen, wenngleich dies keine Vollzeitstelle ersetzt. Zum anderen bietet es sich an, die Erfahrung parallel zur Entwicklung einzuholen. Demnach kann eine Anwältin infolge des guten Gehaltsgefüges in Teilzeit arbeiten, sodass Entwicklung eines Produkts und Anwaltsberuf für eine gewisse Zeit koexistieren können.
Gesetzliche Konformität
Hier wird direkt deutlich, warum ein Jurist im Team so wichtig ist: Legal Tech Startups bewegen sich durch die Optimierung juristischer Prozesse unter Verwendung disruptiver Technologie unweigerlich im Grenzbereich des Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG). Die Grenzen der Digitalisierung sind demnach nicht, wie man zunächst vermuten könnte, technischer Natur. Vielmehr stellen sich dem digitalen Fortschritt rechtliche Normen in den Weg, die durch juristische Expertise umschifft werden müssen. So kann das Anbieten eines Vertragsgenerators durchaus als Verstoß gegen das RDG gewertet werden, wenn der Anbieter kein Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwaltsgesellschaft ist. Die Anforderungen für die Rechtsberatung sind hoch. § 59e Abs. 2 Satz 1 BRAO bestimmt zum Beispiel, dass es nicht ausreicht, wenn ein rechtsberatendes Unternehmen einen Rechtsanwalt als Gesellschafter hat. Vielmehr dürfen nach dieser Norm ausschließlich Rechtsanwälte Gesellschafter sein. Nicht selten kann infolge gesetzlicher Normierungen ein solides Produkt unzulässig und damit das gesamte Startup gefährdet sein.
Lösung: Bevor ein Produkt entwickelt wird, müssen Legal Tech Startups die Gesetzeskonformität prüfen. Möglichkeiten zur Vermeidung eines Verstoßes gegen das RDG sind neben der Verwendung von Ausnahmetatbeständen wie dem § 10 RDG, die rein softwaremäßige Umsetzung einer Lösung unter Verzicht auf rechtliche Wertungen. So kann ein Legal Tech Startup darauf verzichten einen Vertragsgenerator anhand eines Mustervertrags zu erstellen und stattdessen der Rechtsanwältin selbst ein Tool an die Hand geben, durch welches sie diesen Mustervertrag durch intuitive Software in einen Vertragsgenerator gießen kann.
Weitere Hindernisse und Fazit
Es gibt auch noch weitere Hindernisse, denen sich ein Legal Tech Startup stellen muss. So ist auch der Vertrieb spezieller als bei anderen Startups. Denn der Rechtsmarkt ist ein sehr konservativer Markt, was sich auch in der späten Digitalisierung wiederspiegelt. Eine Kanzlei hat zum Teil mehrere Dekaden Berufserfahrung und ändert daher nicht von heute auf morgen die alltägliche Arbeitsweise, die lange gut funktionierte. Demnach ist bei einem Legal Tech Startup auch im Vertrieb juristische Erfahrung hilfreich, sodass die Denkweise ebenso wie Kostenstrukturen eines Rechtsanwalts verstanden werden. Auch stellt die Kombination von technischem und rechtlichem Verständnis keine leichte Hürde da und erfordert ein stark heterogenes Team.
Letztlich kann ein Legal Tech Startup unter Beachtung der vorgestellten Tipps gerade in der jetzigen Phase erfolgreich sein, da die Technisierung im Rechtsmarkt gerade erst am Anfang ist. Legal und Tech werden nicht ohne Grund in einem Atemzug genannt. Der rechtliche und informationstechnische Part eines solchen Startups muss eng produktorientiert zusammenarbeiten. Dann kann eine herausragende Lösung entstehen, die im Stand ist die rechtliche Arbeitsweise nachhaltig zu verändern.
Autor: Ludwig Wolter, Co-Founder & CSO BlockAxs GmbH