KI-Kurs Teil 2: Positionsbestimmung Künstliche Intelligenz
Um was geht es?
Es besteht aktuell eine gewisse Verunsicherung. Viele Kolleg:innen fürchten, dass ihnen die KI die Jobs wegnehmen wird. Durch die sprachlich guten Leistungen der Systeme wie ChatGPT, Bard, Perpelxity.ai und Co. ist diese Angst in den letzten Monaten wieder stark in den Vordergrund gerückt. Aber Furcht ist ein schlechter Lehrmeister. Und daher sollten wir uns zunächst darüber klar werden, dass der Begriff KI nicht neu ist und jeder von uns schon jetzt täglich KI-Systeme einsetzt.
Der Begriff Künstliche Intelligenz ist ein Bereich der Informatik, also der Computer-Wissenschaften. KI beschäftigt sich mit der Entwicklung von Computern und Programmen, die menschenähnliche Denkprozesse ausführen können. Der Begriff Künstliche Intelligenz entstand in den 1950er Jahren. Damals haben Wissenschaftler begonnen, Maschinen so zu gestalten, dass sie Probleme lösen und aus Erfahrungen lernen können. Dabei haben sie das menschliche Gehirn als Vorbild genommen und angefangen Maschinen zu bauen, die ähnlich wie Menschen agieren.
Die Idee hinter KI ist es, Computer so zu programmieren, dass diese eigenständig Entscheidungen treffen und Aufgaben ausführen können, die normalerweise menschliche Intelligenz erfordern würden. Wie im letzten Beitrag ausgeführt, ist es ein Hauptunterschied zwischen normaler Software und KI, dass letztere auch auf nicht geplante Eingaben sinnvoll reagieren kann und dabei auf ihren Erfahrungsschatz zurückgreift.
Starke vs. Schwache KI
Das Ziel der Programmierer ist es, Maschinen zu entwickeln, die wie Menschen denken und dabei das menschliche Gehirn imitieren oder sogar übertreffen können. Von diesem Ziel sind wir aber noch weit entfernt. Alle Systeme die aktuell auf dem Markt sind fallen in die Kategorie „schwache KI“. Solche schwachen Systeme können spezifische Aufgaben oder Probleme lösen, für die sie programmiert oder trainiert wurden. Diese Art von KI ist aber nicht in der Lage, außerhalb ihres speziellen Anwendungsbereichs zu agieren und zeigt kein echtes Bewusstsein oder umfassendes Verständnis.
Um eine „starke KI“ zu erreichen muss die Entwicklung noch um einiges weitergehen. Eine starke KI ist eine theoretische Form der Weiterentwicklung, die die Fähigkeit besitzt, eine breite Palette von verschiedenen Aufgaben zu erledigen, die menschliche Intelligenz erfordern. Eine starke KI müsste eigenständig denken, lernen und eine Bewusstseinsebene erreichen können. Dies ist aktuell nicht der Fall.
Künstliche Intelligenz – Maschinelles Lernen – Tiefes Lernen
Im großen und weiten Gebiet der künstlichen Intelligenz bewegen sich die aktuellen Entwicklungen jedoch vorwiegend in einem spezifischen Teilbereich des sog. maschinellen Lernens. Programme der allgemeinen KI können Sachverhalte erfassen, daraus Schlussfolgerungen ziehen und dementsprechend handeln oder sich anpassen. Beim maschinellen Lernen werden darüber hinaus Algorithmen eingesetzt, deren Leistung sich verändern kann. Dazu werden sie im Lauf des Trainings mit immer mehr Daten versorgt und bauen darauf basierend Entscheidungs-Methoden auf.
Eine besonders vielversprechende Methode dabei ist dem menschlichen Gehirn abgeschaut: Die künstlichen neuronalen Netze bauen Schichten von Neuronen auf, die jeweils wie Abzweigungen wirken. Werden mehrere solcher Schichten hintereinandergelegt, kommt man aktuell zu besonders guten Ergebnissen. Wir befinden uns dann im Deep Learning. Allerdings verliert sich damit oft auch die Transparenz. Denn man kennt zwar die äußeren Schichten, die inneren werden aber von den Systemen erstellt und sind damit verborgene Schichten („hidden Layers“). Solche Deep Learning Systeme werden aktuell für Gesichts- oder Verkehrszeichenerkennung eingesetzt oder zur Missbrauchsverhinderung.
Generative KI
Auch wenn wir uns nach wie vor im Bereich der schwachen KI befinden, hat die neue Technik der generativen KI gerade großes Aufsehen auf sich gezogen. Die allgemeine KI zielt vor allem darauf ab, Prognosen zu treffen oder spezielle Aufgaben zu erledigen. Generative KI hingegen kann neue Texte oder Kreationen erstellen. Im juristischen Bereich sind das vor allem Texte. Es können aber auch Bilder, Videos oder Musikstücke neu erzeugt werden. Die aktuell diskutierten Systeme wie ChatGPT, Bard, Bing Chat etc. gehören zu dieser neuen Kategorie. Man sieht dies auch schon im Namen: ChatGPT steht für „Chat G(enereative) P(re-trained) T(ransformer)“ – also ein System der generativen KI.
Warum müssen wir das wissen?
Es ist unwahrscheinlich, dass es in Kürze „das“ KI-System geben wird, das alle Fragen beantworten kann. Es ist aber sehr wahrscheinlich, dass die verschiedenen KI-Systeme an vielen Stellen unsere Arbeitsabläufe effizienter machen können. Wenn die Prozesse in Kanzleien oder Rechtsabteilungen bekannt sind – und das ist erfahrungsgemäß oft noch verbesserungsfähig – kann man an verschiedenen Stellen anfangen, die jeweils passenden KI Tools einzusetzen. Das können herkömmliche KI Tools sein, aber auch solcher der generativen KI. Es geht in der Praxis darum genau herauszufinden, welches Tool auf die Lösung passt und tatsächlich eine Verbesserung bringen kann. Die Summe solcher Tools wird schon zeitnah in der Lage zu sein, diejenigen Kolleg:innen effizienter zu machen, die diese einsetzen.
Daraus resultieren zwei Todos: Prüfen, ob die Prozesse im Unternehmen schon bekannt und dokumentiert sind. Und dann herausfinden, welche KI-Tools an welchen Stellen sinnvoll eingebaut werden können.
Weiter geht’s …!
KI-Systeme brauchen Daten. Diese Daten beeinflussen die Ergebnisse. Also müssen wir uns ansehen, welche Daten zum Einsatz kommen sollten. Das machen wir im nächsten Teil dieser Reihe.
Autor: Stefan Schicker ist Rechtsanwalt und Partner bei SKW Schwarz sowie Innovationsberater mit speziellem Fokus auf KI und Mindset-Wandel.