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Interview mit Florian Weiland und Michael Grupp zum Exit von Lexalgo

Redaktion: Michael, Florian, ihr habt bekannt gegeben, dass Lexalgo verkauft ist. Erzählt, wie war das? Wie geht es für Euch jetzt weiter? Und vor allem: darf man gratulieren?

Florian: Haha, ja, man darf! Eine spannende M&A-Geschichte kann ich aber nicht erzählen. Wir haben das schon länger besprochen und dann einfach gemacht. Eigentlich passiert jetzt auch erstmal gar nichts, jedenfalls nicht sichtbar nach außen. Änderungen kommen nur in der Aufteilung der Bereiche: Die Software wird von dem Team in Berlin und Frankfurt weiterentwickelt und wir machen weiterhin im Schwerpunkt Beratung. Das bisherige Entwicklungsteam wird auf Seiten von Bryter weiterarbeiten.

Michael: Genau. Wir hatten Lexalgo ganz bewusst als Startup und nicht als reine Agentur gegründet, also auch mit der Perspektive eines späteren Verkaufs. Dass wir den Schritt jetzt gegangen sind war dann auch nicht überraschend: Das Unternehmen war fast 6 Jahre alt und es war mal wieder Zeit für etwas Neues.

Redaktion: Michael, in der Pressemitteilung heißt es, Du machst einen MBO, was heißt das genau?

Michael: Ich war bereits an Bryter beteiligt. Für mich selbst ist die Übernahme also weniger ein richtiger Exit als vielmehr auch eine Investition. Ich fange jetzt erst an zu arbeiten. (lacht). Nein, im Ernst, ich habe in den letzten Jahren immer wieder beobachtet (und wer mich kennt: auch oft betont), dass ein Rule-Editor für Juristen fehlt. Alle Anwendungen im Markt sind entweder alt oder sehr kompliziert. Man muss die Vorarbeit von Lexalgo jetzt nur richtig nutzen.

Redaktion: Michael, Du hast den Kauf/Verkauf also für BRYTER bereits gesteuert?

Michael: Ja, so kann man es sagen. Aber es war ja auch weniger eine richtige Verkaufsverhandlung mit gegenläufigen Interessenlagen, sondern eher ein gemeinsames Projekt – dass ich mit einem Auge auch auf Käuferseite stand ist deshalb nur zum Teil besonders.

Redaktion: Was passiert mit dem Produkt Lexalgo, das wir bis heute kannten?

Michael: Bryter macht im Kern etwas anderes, das ist eine Enterprise-SaaS-Plattform. Aber inhaltlich passt die Lexalgo Core Engine da hervorragend rein. Natürlich muss dazu einiges angepasst werden. Und mit der Editorensoftware haben Kunden bisher nicht selbst gearbeitet. Das heißt die Regelmaschine von Lexalgo braucht noch ein benutzerfreundliches und zeitgemäßes Frontend. Viele Funktionen werden neu dazu kommen.

Florian: Ja, und: Lexalgo ist eine gut etablierte Marke im Legaltech-Bereich. Davon kann Bryter insbesondere im juristischen und in dem noch jungen Segment der juristischen Technologieberatung gleich profitieren.

Redaktion: Stimmt, Lexalgo ist einer der Legaltech Pioniere. Ihr wart früh dabei. Was hat sich in den letzten Jahren geändert?

Florian: Der Bereich ist überhaupt erst entstanden. Ich erinnere mich noch gut an 2013. Die ersten Vorstellungen bei Unternehmen waren schon noch abenteuerlich. Da waren wir richtige Exoten. Bei der SchuFA nannten sie uns „mutig“, bei der Allianz konnte der Bereichsleiter kaum verstehen, dass man für ein Startup die Großkanzlei verlässt.

Michael: Ich habe 2014 einen Aufsatz im Anwaltsblatt veröffentlicht zum Thema „Legal Tech“, um den Leuten hier zu zeigen, dass das in den USA ein großes Ding ist. In Deutschland waren da nur Smartlaw sichtbar und natürlich die Urgesteine Frag-einen-Anwalt und Janolaw. Wir haben dann Lexalgo sogar extra mit dem Begriff Legal Tech versehen, um zu zeigen, dass das ein eigener Bereich ist.

Florian: Ab 2015 ging es dann richtig los, man konnte das richtig messen. Wenn es bis dato vier bis fünf Anfragen pro Monat waren, die von außerhalb über die Homepage reinkamen, waren es auf einmal fünf bis zehn pro Woche. Und wenn irgendwo wieder ein Bericht mit Roboter und Schönfelder kam, wurden es auch mal fünf bis zehn pro Tag.

Michael: Stimmt. Das stellt man sich so super vor, aber 90% waren recht utopische Anfragen. Wir hatten oft Mühe herauszufinden, wo wirklich Knowhow und Interesse dahintersteht oder wo Anwälte oder Kanzleien einfach neugierig oder besorgt nachfragen wollten, ob sie bald ihren Job verlieren.

Redaktion: Was waren die schwersten Momente? Was waren die glücklichsten?

Florian: Schwere Momente gab es viele. Wenn man Kunden oder Pitches verliert, das ärgert einen. Besonders erinnere ich mich an ein Wochenende im Herbst 2016, da hatte das ganze Team kurz vor Fristende an einem Förderantrag drei Tage durchgearbeitet der dann – entgegen aller Versprechungen – doch nicht durchging. Das war sehr enttäuschend.

Michael: Das war hart. Besonders, weil Aufwand und Hoffnung und dann die Enttäuschung so eng beieinander lagen. Oft hat man die Entbehrungen und Aufwände schon abgehakt wenn man später erfährt, dass sie vergeblich waren. Aber in dem Fall war das besonderes.

Florian: Genauso geht es mir aber auch mit den guten Momenten. Wenn es dann klappt hat man sich meist schon zuvor in kleinen Dosen gefreut. Wie mit diesem hier. (lacht).

Michael: Ja, da beneide ich die Sportler: die erhalten die ganze Freude komplett auf einmal. Und dann auch noch hunderprozentig sicher. Wenn man als Unternehmen mit einem Deal bis zu signing und closing warten muss, da ist die Euphorie dann längst verflogen.

Redaktion: Vielen Dank euch beiden für das interessante Interview und weiterhin viel Erfolg im Legal Tech Bereich.

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