Fachartikel

Legal Operations: Das Fundament für zukunftsfähige Kanzleien

Wir erleben in der Ära der Digitalisierung einen Wendepunkt, an dem die facettenreiche Natur von Legal Operations („Legal Ops“) erforderlich ist, um Kanzleien zukunftsfähig zu gestalten. Sie vereint Menschen, Prozesse und Technologien, um die Effizienz, Qualität und Mandantenzufriedenheit zu steigern.

In Kanzleien liegt der Fokus bei Legal Ops vor allem auf der operativ juristischen Arbeit, bzw. der Mandatsarbeit. Dennoch spielt Legal Ops auch bei kanzleiinternen Themen eine wichtige Rolle, um die Qualität der Servicedienstleistung zu steigern.

Jede Kanzlei braucht ihre eigenen Lösungen

Jede Kanzlei ist organisatorisch und technologisch anders aufgestellt. Entsprechend gibt es keine „one fits all solutions“. Jede Kanzlei muss ihre Legal Ops-Lösungen basiert auf den eigenen Besonderheiten aufbauen. Hierbei hilft in Legal Ops der Legal Design Ansatz, um sowohl die Bestandsaufnahme vorzunehmen als auch die optimale Alternative zu finden. Mit diesem bedarf-zentrierten Ansatz können Kanzleien die Anforderungen und Vorstellungen der Mandantinnen sowie der beteiligten Anwaltsbüros umfassend begreifen und zielgerichtet erfüllen.

Ein Zusammenspiel: Menschen, Prozesse und Technologie

Die in Legal Ops angewandte strategische Integration von Menschen, Prozessen und Technologien, bekannt als „People, Process and Technology“ oder „PPT“, basiert auf der Grundlage, dass alle drei Elemente für einen erfolgreichen Betrieb harmonisch zusammenarbeiten müssen. Wenn ein Aspekt schwach oder nicht auf die anderen abgestimmt ist, kann sich dies auf die Gesamteffizienz und -effektivität auswirken. Darüber hinaus zielt das Zusammenspiel darauf ab, die Rechtsberatung nicht nur effizienter und effektiver zu gestalten, sondern auch anpassungsfähiger an die sich ständig wandelnden Anforderungen des Marktes. Insbesondere im Hinblick auf den steigenden Wettbewerb im Rechtsmarkt, die wachsenden Erwartungen der Mandantinnen und die zunehmende Zahl regulatorischer Anforderungen spielt diese Anpassungsfähigkeit eine wichtige Rolle.

Die drei in Kanzleien zu integrierenden Elemente sind die folgenden:

  • Menschen: Zu ihnen zählen in der Kanzlei sowohl Juristinnen als auch Business Professionals auf allen internen Ebenen, die zur Effizienz und Effektivität beitragen.
  • Prozesse: Darunter zählen Prozesse in der Zusammenarbeit mit Mandantinnen sowie kanzleiinterne Prozesse zwischen Juristinnen und mit Business Professionals der Sozietäten.
  • Technologie: Eine Breite an Technologien spielt hier eine Rolle. Diese reicht von maßgeschneidertem Legal Tech bis hin zu sozietätsweiten Microsoft-Lösungen.

Diese drei Dimensionen müssen auf innovative Weise zusammengeführt werden, wobei Technologie bei der Integration die maßgebende Rolle spielt.

Technologie in Legal Ops

Kanzleien brauchen diverse Standard-Software wie z.B. ein Kanzlei-Management-System, Outlook und Word. Es gibt unzählige Wege, auf diesen Standard-Technologien aufzubauen und dadurch Menschen in der Sozietät stärker zu verbinden und Prozesse zu optimieren. Dabei arbeiten Kanzleien mit unterschiedlichen Anbietern – manche mit einer Buy-Only Strategie, andere mit parallelen Investitionen in Eigenentwicklungen.

Viele Kanzleien setzen inzwischen auf einen Microsoft-First Ansatz. Dieser Ansatz bedeutet, dass bei der Auswahl von Software, Plattformen und Tools primär auf Lösungen von Microsoft zurückgegriffen wird. Gründe dafür sind oft Integration und Kompatibilität – es kann die Integration verschiedener Tools und Plattformen erleichtern und eine einheitliche Benutzererfahrung schaffen – sowie das breite Produktportfolio, das von Betriebssystemen über Produktivitätssoftware (wie Office 365 – mit Teams und der Power Plattform) bis hin zu Cloud-Diensten (wie Azure) reicht. Dabei setzen gut aufgestellte Kanzleien immer häufiger nicht auf eine Buy-Only Strategie, sondern investieren in eigene Lösungen die von Microsoft-Add-Ins hin bis zu fortgeschrittener KI in ihrer Azure-Cloud reichen. Dabei haben sie die Möglichkeit, ihr juristisches Knowledge, bzw. ihr Wissensmanagement, stärker einzubinden.

Es gibt viele Arten von Technologien, mit denen Kanzleien inzwischen arbeiten, um das Zusammenspiel der o.g. „PPT“ zu optimieren. Nachfolgend einige Beispiele.

Collaboration Tools und Plattformen
Die digitale Zusammenarbeit wird zunehmend zur Norm. Collaboration Tools ermöglichen es Teams, effizienter und effektiver zusammenzuarbeiten, unabhängig von ihrem physischen Standort. Plattformen, die speziell für die Bedürfnisse von Kanzleien und Rechtsabteilungen entwickelt werden, bieten Funktionen wie sicheren Dokumentenaustausch, gemeinsame Bearbeitung von Dokumenten und Projektmanagementfunktionen.

Automatisierung von Routineaufgaben
Die Automatisierung von Routineaufgaben ist ein weiterer entscheidender Trend. Viele der täglichen Aufgaben in Kanzleien, wie die Zeit- und Rechnungserfassung, die Erstellung von Standardverträgen oder die Durchführung von Due-Diligence-Prüfungen, können durch entsprechende Softwarelösungen automatisiert werden. Dies spart nicht nur Zeit, sondern reduziert auch das Risiko menschlicher Fehler.

Künstliche Intelligenz und Maschinelles Lernen
KI-Technologien transformieren durch Automatisierung, Predictive Analytics und Datenanalyse. Sie ermöglichen es, repetitive Aufgaben zu automatisieren, Risiken vorherzusehen und die Qualität der Rechtsberatung zu verbessern.

Dabei gibt es ein sehr breites Spektrum von KI. Maschinelles Lernen und einfache KI können bereits bei kleineren Automatisierungsthemen helfen. Fortgeschrittene KI wie Large Language Modelle (z.B. ChatGPT) sind größere Helfer bei komplexeren Themen wie Datenanalysen und Vertrags- sowie Schriftsatzerstellung. 

Zwar können sich Anwältinnen durch diese Technologien, auf wichtige Aspekte ihrer Arbeit konzentrieren, aber KI ist auch für die Business Professionals von Bedeutung. Der Einsatz von KI in Business Services wie HR und Marketing automatisiert die Beantwortung von Routineanfragen und entlastet die entsprechenden Abteilungen erheblich. Es ermöglicht ihnen, die Juristinnen der Kanzleien deutlich besser zu unterstützen. 

Legal Ops: Der „client-centric“ Schlüssel zur Zukunftsfähigkeit

Legal Ops bietet das Framework, um die Effizienz zu steigern, die Servicequalität zu verbessern und die Mandantenzufriedenheit zu maximieren.

Die Zukunft gehört den Kanzleien, die ihre Dienstleistungen konsequent an den Bedürfnissen ihrer Mandantinnen ausrichten. Dies bedeutet nicht nur die Bereitstellung von Rechtsdienstleistungen auf höchstem Niveau, sondern auch die Nutzung von Technologien und Wissensmanagement mit einem „PPT“-Ansatz.

Erfolgreiche Kanzleien werden durch eine Kombination aus technologischer Innovation, Prozessoptimierung und einem starken Fokus auf den Mandantinnen geprägt sein.

Autorin: Ava A. Moussavi ist Head of Legal Operations & Technology bei GvW Graf von Westphalen und ist für die Digitalisierungsstrategie der Kanzlei und Mandate verantwortlich. Sie hat mehrere Jahre anwaltliche Berufserfahrung im Bereich Corporate, sowie Erfahrung in der Legal Tech Branche im gesamten D-A-CH Kanzlei-Markt, den sie zuvor beraten hat.

- WERBUNG -