Fachartikel

Legal Delivery im Fokus – Das elementare Transformationsmittel für die klassische Kanzleistrategie

Das Transformationszeitalter in der Landschaft der Kanzleien hat bereits begonnen. Nicht nur in Zeiten globaler Krisen wie der Pandemie muss eine Anpassung an neue Gegebenheiten, z.B. durch agile Arbeitsweisen, stattfinden. Diese neuen Errungenschaften müssen als Startschuss gesehen werden, um sich auf die bereits veränderte Wettbewerbssituation auf dem Rechtsmarkt anzupassen.

Schon seit geraumer Zeit haben Legal Tech Start-Ups damit begonnen den b2c Markt aufzumischen. Zwar ist der b2b Markt noch weitgehend unbespielt, es lassen sich klare Tendenzen feststellen, dass es sich dabei nur um eine Frage der Zeit handelt. Es vollzieht sich in vielen Bereichen Wandel vom Expertentum zum Dienstleistungstum. Neue Rechtsprodukte schwemmen den Markt. Diese Wettbewerbssituation auf dem Rechtsmarkt erfordert es, den Fokus auf die Frage zu legen, wie die Art und Weise der Leistungserbringung in Zukunft aussieht. Und wie eine derartige Legal Delivery (3) mit Ausrichtung auf eine clientelorientierte Kanzleistrategie entwickelt werden kann. Diese Art und Weise der Überbringung der Legal Services rückt somit als zusätzliche Säule zeitgerechter Rechtsdienstleistung in den Vordergrund. Legal Delivery – das Bindeglied der strategischen Säulen People (1) und Clients (2).

Säulenstrategie

Die typische Kanzlei-Strategie sollte daher in Zukunft aus drei Säulen, People (1), Clients (2) und Legal Delivery (3) bestehen.

People (1) sind klassischerweise die Expert:innen der Kanzlei, die Partner:innen und Associates. Die strategischen Überlegungen betreffen vor allem die Personalfrage, welches Expert:innenwissen den Entwicklungszielen der Kanzlei entsprechen, wie können Wissensträger:innen zusammenarbeiten? Wie kann Wissen gezielt aufbereitet werden? Warum sollten sie gerade für diese Kanzlei tätig sein? Wie kann das Umfeld optimiert werden?

Clients (2) sind die Kund:innen, das zentrale wirtschaftliche Element der Kanzlei. Strategische Fragen drehen sich hier um die Akquise von Neukund:innen. Für wen will die Kanzlei tätig werden? Wie können Fragen aus Mandant:innen Sicht gut beantwortet werden? Wie kann Cross Selling innerhalb der Kanzlei stattfinden?

Legal Delivery (3) ist die Überbringung der Legal Services (Rechtsdienstleistung und Rechtsprodukte) von (1) People zu (2) Clients. In der Strategie der Legal Delivery stellen sich Fragen wie es die Kanzlei in Zukunft schaffen kann, die Legal Services an die Mandant:innen heranzutragen. Diese Fragen bewegen sich aktuell besonders intensiv durch die Digitalisierung und die veränderten Kund:innen-Ansprüche. Gerade diese strategische Säule der Legal Delivery gewinnt an besonderer Bedeutung und führt zu einer Veränderung der anderen beiden Strategiesäulen.

Der Verkauf technologischer Innovationen auf dem Rechtsmarkt in Kombination mit den veränderten Mandant:innen-Ansprüchen erfordert nicht nur, wie bisher, die Exzellenz im Expertentum der Berufsträger:innen; es bedarf nunmehr ein besonders kundenzentriertes Dienstleistungstum. Gerade für überörtliche Sozietäten bedarf es zu einer gemeinsamen Berufsausübung auch eine transparente Unternehmenskultur, die eine lückenlose, vertrauensvolle Zusammenarbeit ermöglicht. Hierbei spielt ein Mindsetwandel und die Frage welche Tools zum Einsatz kommen eine Rolle.

Die Kanzlei soll von den Clients (2) als eine gemeinschaftliche Einheit, als eine Marke, wahrgenommen werden. Durch die Etablierung der Kanzlei als Marke auf dem Rechtsmarkt rückt der Fokus von einzelnen Expert:innen einer Partnergesellschaft auf den gesamten Ablauf eines Mandats, der Kanzlei. Dies führt dazu, dass zur Kanzleistrategie im Bereich People (1) nicht mehr nur klassischerweise Berufsträger:innen gehören, sondern genauso Experten z.B. aus Marketing, Business Development, Finanzen und die Kund:innenbetreuung. Die Marke „Kanzlei“ soll für einen kompletten Prozess vom ersten Clients Kontakt über die Mandatierung bis zum Abschluss der Services mit den gleichen Unternehmenswerten stehen.

Reaktionsfähige Kanzleien entwickeln Innovationen bei der Erbringung von Dienstleistungen, um mit den neuen rechtlichen Anfragen der Clients (2) und ihren sich ändernden Geschäftsanforderungen Schritt zu halten. Dabei ist nicht nur der interne Einsatz von IT nötig um schnell auf strukturierte Fallinformationen intern zugreifen zu können, sondern auch extern in der Client Delivery der Einsatz von IT so zu gestalten, dass Dienstleistungen für die Clients (2) in ansprechenderer Form mit Hilfe von Legal Tech angeboten werden kann.

Plattformen

Mit dem Einsatz von Legal Tech und Legal Operations gewinnen auch betriebswirtschaftliche Aspekte an Bedeutung. Eine diversifizierte Methodenkompetenz führt zur Optimierung und Standardisierung von Prozessen mit gesteigerter Effizienz (z.B. Automatisierung). In der clientelorientierten Delivery wird keine Email oder gar Briefverkehr mehr genutzt. Vielmehr werden vermehrt Plattformen und Schnittstellen die Brücke zwischen People (1) und Clients (2) schlagen.

Client Feedback Systeme

In Kanzleien wird ein hoher Aufwand betrieben, um juristisch exzellent zu arbeiten. Traditionell legen die Expert:innen die Kriterien fest, nach denen beurteilt wird, ob die erteilte Beratung korrekt und umsichtig ist. Meistens werden diese Kriterien ausschließlich von den Honorarkräften kontrolliert, ohne Einbindung der Clients. Durch Feedback-Systeme, ebenfalls auf einer Kooperationsplattform werden in enger Zusammenarbeit mit den Clients, Schwachstellen behoben, der Verwaltungsaufwand verringert und die Transparenz nach außen erhöht.

Wissensmanagement

In Zukunft wird der Fokus bei der Strategieentwicklung auf der Überbringung der Leistung liegen und Clientel orientierter werden. Die Einbeziehung von Methoden wie Design Thinking und Service Design werden zum Standardrepertoire gehören, sowie auch die breitere Aufstellung und enge Zusammenarbeit verschiedener beruflicher Backgrounds in der sonst so standesgemäß aufgestellten Kanzlei. Außerdem wird sich ein Geschäftsmodell etablieren, welches die Vereinbarkeit von billeable hours, festbepreisten Rechtsprodukten und ein Bezahlmodell für juristisch innovative Tätigkeiten vereint.

Es bleibt mit Spannung abzuwarten welche Player es schaffen werden sich in diesem Transformationszeitalter neu zu erschaffen und sich auf dem Markt etablieren werden.

Autorin: Clara Raschewski ist Dipl.Juristin und Projektleiterin Legal Tech im Innovationlab bei SKW Schwarz.

Autor: Stefan C. Schicker, LL.M., ist Rechtsanwalt und erfahrener Spezialist für Digital Legal Solutions, u.a. für Internet-Plattformen und (Corporate) Influencer Marketing. Er ist zudem Partner und CEO der Kanzlei SKW Schwarz. Er brennt für eine Modernisierung der Art und Weise wie Jurist:innen-Arbeit erbracht wird. Mit dem von ihm ins Leben gerufenen Innovation Lab und der SKW Schwarz @ Tech GmbH arbeitet er daran, zukunftsweisende Ideen in die Praxis umzusetzen.

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