Sensation bei Grundsatzurteil in HateAid-Prozess gegen Facebook: Plattform muss illegale Inhalte endlich konsequent löschen

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08.04.22 – Das Legal Tech HateAid konnte einen großen Erfolg vor Gericht erlangen. Heute hat das Landgericht Frankfurt am Main das Urteil im von HateAid im Rahmen des Landecker Digital Justice Movements finanzierten Grundsatzprozess gegen Facebook (jetzt: Meta) verkündet. Dabei gab es der Klägerin Renate Künast in vollem Umfang Recht: Die Plattform ist verpflichtet, rechtswidrige Inhalte konsequent und deutlich umfassender als bisher zu löschen. Das Urteil leitet einen Paradigmenwechsel ein: Betroffene können sich von nun an endlich effektiv gegen digitale Verleumdungen wehren.

Gegenstand der Klage ist ein Meme mit einem Falschzitat, das der Politikerin Renate Künast (Bündnis 90/ Die Grünen) zugeschrieben wird. Es wird seit sieben Jahren auf der Plattform Facebook veröffentlicht. Obwohl es mehrfach gemeldet und teilweise sogar von der Plattform selbst mit Faktenchecks gekennzeichnet wurde, wird es noch immer massenhaft verbreitet. Das ist in den meisten Fällen eine Straftat. Durch das heutige Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main wird das Unternehmen nun verpflichtet, aktiv dagegen vorzugehen: Facebook bzw. Meta muss alle zum Zeitpunkt des Urteils auf der Plattform vorhandenen identischen sowie leicht abgewandelten, aber im Kern gleichen Postings proaktiv finden und löschen. Bei Zuwiderhandlung droht Meta ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro oder Ordnungshaft. Bislang hatte der Konzern – wenn überhaupt – nur unzuverlässig auf einzelne Meldungen hin reagiert, Betroffene aber mit dem Aufspüren und Melden der Reposts alleine gelassen. Die Entscheidung ist wegweisend für zahlreiche weitere Fälle.

Dazu Josephine Ballon, Head of Legal bei HateAid: „Das Urteil ist eine Sensation. Das Gericht hat klargestellt, dass soziale Medien Verantwortung für den Schutz der Nutzenden tragen. Vor allem können sie nun nicht länger behaupten, dass die Last für das Auffinden rechtswidriger Inhalte allein bei den Betroffenen liege. Insbesondere wenn wie hier ein Falschzitat mit dem klaren Ziel der politischen Desinformation massenhaft verbreitet wird, müssen auch die Plattformen selbst aktiv werden, um individuelle und gesamtgesellschaftliche Schäden abzuwenden. Zusammen mit Renate Künast konnten wir die Rechte der Betroffenen dahingehend stärken.”

In seinem Urteil betonte das Landgericht Frankfurt am Main, dass Falschzitate den Meinungskampf verzerren und der Allgemeinheit schaden. Glaubwürdigkeit sei das Kapital eines jeden Menschen, insbesondere einer Politikerin. Dieses werde durch das Zuschreiben von Falschzitaten beschädigt. In diesem Fall habe die massenhafte Verbreitung des Falschzitats zu Anfeindungen und Hass gegen die Klägerin geführt. Daran trage das Unternehmen eine Mitschuld. Der von Facebook im Verfahren vertretene Auffassung, dass das Zitat aufgrund der Prominenz von Renate Künast zu Gunsten einer öffentlichen Debatte hierüber nicht entfernt werden müsse, vermochte das Gericht nicht zu folgen. Gerade aufgrund der besonderen Bedingungen in sozialen Netzwerken sei ein wirksamerer Schutz von Politiker*innen bedeutsam.

Die gesamte Pressemitteilung kann hier eingesehen werden.

Foto: © HateAid Webseite

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