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Podcast mit Mike Walsh: Die KI-gestützte Zukunft der Rechtsbranche

In ihrem Podcast „Pearls On, Gloves Off“ führte Mary O’Carroll (Chief Operating Officer bei Goodwin) ein Interview mit dem bekannten Futuristen Mike Walsh zum Thema „Wie künstliche Intelligenz die juristische Branche verändern wird und warum dies ein apokalyptischer Moment für die gesamte Rechtsindustrie ist“. Dies sind die zehn wichtigsten Thesen aus dem Interview:

1. KI ist kein Werkzeug, sondern ein Katalysator für tiefgreifende Neuorganisation
Künstliche Intelligenz verändert nicht nur Arbeitsabläufe, sondern zwingt Unternehmen dazu, sich grundlegend neu zu strukturieren – in ihrer Wertschöpfung, Organisation, Entscheidungslogik und im Geschäftsmodell. Wer KI wie ein Softwaretool behandelt, verpasst den eigentlichen Wandel.

2. Das Tempo technologischer Entwicklung ist exponentiell, nicht linear
In weniger als zwei Jahren entwickelte sich KI von Chatbots zu autonomen Agenten, lernfähiger Robotik und biotechnologischen Durchbrüchen. Diese Beschleunigung erzeugt einen sich selbst verstärkenden Kreislauf: Je mehr KI genutzt wird, desto schneller wird sie besser.

3. Inaktivität ist das größte Risiko
Walsh warnt, dass das Abwarten und Festhalten am Alten heute gefährlicher ist als das Experimentieren. „Konservativ“ zu handeln bedeutet, aktiv ein Risiko einzugehen, weil man darauf wettet, dass die Vergangenheit die Zukunft bestimmt – was nachweislich falsch ist.

4. Der größte Wettbewerbsvorteil entsteht durch eigene Daten und neue Prozesse
Nicht die Nutzung von Standardtools verschafft Vorsprung, sondern das intelligente Nutzen eigener Wissens- und Datenbestände, kombiniert mit neu gedachten Prozessen. Firmen, die ihr Geschäftsmodell an KI anpassen, werden ihre Branchen dominieren – unabhängig davon, ob sie Techfirmen sind oder nicht.

5. Der traditionelle Kanzlei- und Beratungsmarkt steht vor Disruption
Das Zeithonorar verliert an Sinn, wenn KI-Agenten Aufgaben schneller und günstiger erledigen. Neue Anbieter mit AI-nativen Geschäftsmodellen, geringeren Kosten und wertbasierten Preismodellen werden klassische Strukturen verdrängen.

6. Die fünfte industrielle Revolution hat begonnen – KI senkt die Kosten von Entscheidungen
Wie Dampfmaschinen, Elektrizität oder Computer einst Arbeit, Energie und Information verbilligten, reduziert KI nun die Kosten von Entscheidungen. Der eigentliche Umbruch entsteht, wenn Unternehmen sich vollständig AI-nativ reorganisieren – nicht nur Prozesse digitalisieren, sondern ganze Wertketten neu aufbauen.

7. Der Rechtsberuf ist besonders anfällig – und zugleich Vorreiter
Da Sprache das Arbeitsmaterial von Jurist:innen ist, trifft KI (die Sprache versteht und generiert) diese Branche zuerst. Die Kombination aus hoher Struktur, Wiederholung und Risikoscheu macht sie verwundbar – aber auch zum Testfeld für andere Wissensberufe.

8. Inhouse-Jurist:innen werden zum strategischen Betriebssystem des Unternehmens
Zukünftig schaffen Rechtsabteilungen die Regeln, Grenzen und Entscheidungsräume für KI-Systeme und autonome Agenten. Damit entwickeln sie sich von der Kontrollinstanz zur aktiven Steuerungsebene, die Innovation ermöglicht und gleichzeitig rechtliche Sicherheit wahrt.

9. Führung wandelt sich vom Pyramidendenken zum Netzwerkdenken
Organisationen der Zukunft funktionieren wie Netzwerke (Rhizome) statt Hierarchien. Führung bedeutet nicht mehr Kontrolle, sondern Einfluss, Enablement und Verbindung von Fähigkeiten. Erfolgreiche Leader erkennen früh neue Hebel und schaffen Strukturen für schnelle, dezentrale Entscheidungen.

10. Zukunftssicherheit entsteht nicht durch Schutz, sondern durch Haltung
„Future-proof“ ist laut Walsh eine Illusion. Niemand kann die Zukunft vollständig kennen oder sich gegen sie abschirmen. Entscheidend sind Mut zum Handeln, Demut gegenüber Ungewissheit und Integrität im Handeln – wer diese Werte lebt, bleibt in jeder technologischen Zukunft handlungsfähig.

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