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Justizreform in Sicht: Amtsgerichte sollen künftig bis 10.000 Euro Streitwert entscheiden dürfen

Ein am 24. Juni 2025 veröffentlichter Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums (BMJ) sieht vor, die Streitwertgrenze der Amtsgerichte von derzeit 5.000 Euro auf 10.000 Euro anzuheben. Bürgerinnen und Bürger könnten damit in deutlich mehr Verfahren ohne anwaltlichen Beistand prozessieren. Die Bundesregierung rechnet mit einer jährlichen Ersparnis von rund 14,5 Millionen Euro an Rechtsanwaltsgebühren.

Der Entwurf trägt den Titel „Änderung des Zuständigkeitsstreitwerts der Amtsgerichte, Ausbau der Spezialisierung der Justiz in Zivilsachen sowie Änderung weiterer prozessualer Regelungen“. Neben der höheren Wertgrenze sieht er vor, dass Streitwerte nachträglich korrigiert und Kostenentscheidungen bei fehlerhafter Wertfestsetzung mit einer Beschwerde angegriffen werden können.

Parallel will das BMJ die Gerichte stärker spezialisieren. Nachbarschaftsstreitigkeiten sollen künftig unabhängig vom Streitwert stets vor den Amtsgerichten landen, während etwa Streitigkeiten aus Heilbehandlungen, Vergabeverfahren oder Presseveröffentlichungen den Landgerichten vorbehalten bleiben.

Harte Kritik von der BRAK

Scharfe Kritik kommt von der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK). Präsident Dr. Ulrich Wessels wandte sich noch am Veröffentlichungstag in einem Schreiben an Bundesjustizministerin Stefanie Hubig. Die Kammer hält die prognostizierten Kosteneinsparungen für unbelegt und warnt davor, anwaltliche Unterstützung auf reine Kostenfaktoren zu reduzieren. Ohne professionelle Vertretung drohten Bürgern Rechtsnachteile. Das Bild vom „Kostenfaktor Anwalt“ verkenne die zentrale Rolle der Anwaltschaft für den Zugang zum Recht.

Der Referentenentwurf befindet sich nun in der Verbändeanhörung. Frühestens im Herbst 2025 könnte sich das Bundeskabinett mit dem Gesetz befassen, ein Inkrafttreten zum 1. Januar 2026 gilt als ambitioniert, aber möglich. Ob bis dahin die Kritik der BRAK Gehör findet oder weitere Änderungen nach sich zieht, bleibt abzuwarten.

Auswirkung auf Nutzung Künstlicher Intelligenz

Spannend ist diese Änderung auch im Kontext mit der immer weiter verbreiteten Nutzung von KI-Chatbots als Ersatz für eine anwaltliche Rechtsberatung zu betrachten. Durch die Erhöhung der Streitwertgrenze könnten sich zukünftig deutlich mehr Bürger:innen mit Hilfe von KI selbst vor Gericht verteidigen, mit noch nicht abzusehenden Konsequenzen.

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