Legal Tech Nachrichten

EU-Kommission plant Kürzung der Ausgleichszahlungen bei Flugverspätungen

Flightright, FairPlane, EUflight und viele andere Legal Tech Firmen für Verbraucher haben das Thema „Ersatz für Flugverspätungen“ geprägt. Nun könnte die EU-Kommission das Geschäftskonzept entscheidend beeinflussen.

Längere Wartezeiten ohne Geld


Flugreisende in der Europäischen Union müssen sich auf einen spürbaren Einschnitt bei ihren Entschädigungsansprüchen einstellen. Nach Plänen der EU-Kommission soll eine Ausgleichszahlung künftig erst nach fünf, neun oder sogar zwölf Stunden Verspätung fällig werden – abhängig von der Flugdistanz. Damit würde der bislang geltende Schwellenwert von drei Stunden aus der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 drastisch angehoben. Medienberichten zufolge will Brüssel die neue Fluggastrechteverordnung bereits Anfang Juni beschließen.

Bisherige Rechtslage: Drei Stunden reichen


Derzeit erhalten Passagiere pauschal 250 Euro bei Strecken bis 1 500 Kilometer, 400 Euro bis 3 500 Kilometer (sowie bei längeren innereuropäischen Flügen) und 600 Euro auf Langstrecken, wenn ihr Flug mehr als drei Stunden verspätet am Ziel eintreffen sollte. Voraussetzung ist, dass der Flug in der EU startet oder dort landet und von einer europäischen Airline durchgeführt wird. Keine Zahlung gibt es, wenn „außergewöhnliche Umstände“ – etwa extremes Wetter – vorliegen.

85 Prozent weniger Entschädigungen befürchtet


Nach Berechnungen des Verbraucherzentrale Bundesverbands (VZBV) müssten die Fluggesellschaften unter dem neuen Regime rund 85 Prozent der aktuell anfallenden Entschädigungen nicht mehr leisten. Das Entlastungspotenzial für die Branche ist beträchtlich – für Reisende indes droht eine deutliche Schlechterstellung.

Kritik von Verbraucherschützern und ADAC


Verbraucherschützer und Automobilclub laufen Sturm gegen die Pläne. Der ADAC fordert, das „Schutzniveau für Verbraucherinnen und Verbraucher uneingeschränkt zu erhalten“ und erinnert daran, dass eine Verspätung von drei Stunden bereits eine erhebliche Belastung darstelle. Zudem sei der Verordnungsentwurf veraltet; er stamme aus dem Jahr 2013 und blende zwölf Jahre EuGH-Rechtsprechung aus. Insbesondere die Urteile „Sturgeon“ (C-402/07 und C-432/07) – in denen der Gerichtshof erhebliche Verspätungen der Annullierung gleichgestellt hat – müssten explizit verankert werden.

Airlines drängen seit Jahren auf Lockerungen


Bereits seit 2013 gibt es Forderungen der Luftfahrtbranche, die Entschädigungsregeln zu lockern, um die Unternehmen finanziell zu entlasten. Dass Brüssel das Thema nun erneut aufgreift, überrascht Beobachter daher nicht. Im Kern soll den Airlines mehr Spielraum eingeräumt werden, längere Verspätungen „sanktionslos“ abzufedern – zulasten der Passagiere.

Was nun auf Reisende zukommt


Sollte die Kommission ihre Pläne unverändert durchsetzen, hätten Kurzstreckenpassagiere erst nach fünf Stunden, Mittelstreckenreisende nach neun Stunden und Langstreckenfluggäste außerhalb Europas erst nach zwölf Stunden Anspruch auf einen finanziellen Ausgleich. Für viele Betroffene wäre ein Ausgleich damit die Ausnahme, nicht mehr die Regel.

Ausblick


Ob das Europäische Parlament den Entwurf in dieser Form mitträgt, ist offen. Der Widerstand von Verbraucherverbänden und ADAC ist massiv, doch die Luftfahrtindustrie hofft auf spürbare Entlastung. Die kommenden Wochen werden zeigen, ob die Rechte der Reisenden künftig auf dünnerem Eis stehen – oder ob Brüssel einen Mittelweg findet, der sowohl wirtschaftlichen wie verbraucherschutzrechtlichen Belangen gerecht wird.

- WERBUNG -