Innovativer Ansatz bei Rechtsdienstleistungen: Die Legal Tech Plattform der ÖRAG / Deutsche Assistance-Gruppe
Immer mehr Legal-Tech-Unternehmen bieten rechtliche Dienstleistungen außerhalb traditioneller Strukturen an, mit wachsendem Erfolg. Ein Beispiel für diese Entwicklung ist die ÖRAG / Deutsche Assistance-Gruppe, die seit dem 4. Juli 2022 ihre eigene Rechtsdienstleistungsplattform MEINRECHT betreibt und damit neue Wege in der Rechtsberatung beschreitet. Ziel dieser Plattform ist es, die Bedürfnisse einer breiten Zielgruppe zu bedienen und zugleich neue Kundenpotenziale zu erschließen.
Die Idee hinter der Plattform
Rechtsdienstleistungen, die über Versicherungsangebote hinausgehen, sind zunehmend gefragt. Legal Techs haben in diesem Bereich einen Boom erlebt, indem sie schnelle, unkomplizierte Lösungen für alltägliche rechtliche Fragestellungen bieten und insbesondere Menschen ansprechen, die eine Versicherung meiden. Die ÖRAG / Deutsche Assistance-Gruppe erkannte in diesem Trend eine Chance und entwickelte eine digitale Plattform, um diesen Markt zu bedienen.
Bereits mit einem etablierten Kundenportal, das Rechtsschutzkunden verschiedene Services bietet, entschied sich die ÖRAG / Deutsche Assistance-Gruppe, auch Nicht-Kunden gegen Entgelt Zugang zu diesen Diensten zu gewähren. Darüber hinaus sollten auch Leistungen angeboten werden, die nicht unter den klassischen Versicherungsumfang fallen, aber zu vergünstigten Preisen verfügbar sind. Daraus entstand die Vision einer Plattform, die beide Welten miteinander verbindet.
Der Markenname „MEINRECHT“ – Eine klare Positionierung
Die Entscheidung, die neue Rechtsdienstleistungsplattform unter dem Namen „MEINRECHT“ zu führen, fiel schnell. Diese Marke war bereits für telefonische Rechtsberatungsdienste und das bestehende Kundenportal etabliert. Ziel war es, „MEINRECHT“ als führende Marke für sämtliche rechtlichen Anliegen der Kunden zu positionieren und somit eine klare und starke Präsenz in einem zunehmend digitalisierten Rechtsmarkt zu schaffen.
Die rechtliche Herausforderung
Eine zentrale Frage war, ob es einer Rechtsschutzversicherung erlaubt ist, eine solche Plattform zu betreiben. Alle rechtlichen Aspekte dieses Themas wurden in einem Aufsatz von Prof. Dr. Armbrüster „Rechtsfragen der Nutzung digitaler Plattformen im Versicherungssektor“ in der Zeitschrift Versicherungsrecht geklärt.
Die Umsetzung der Plattform
Die Entwicklung der Plattform war ein komplexes Projekt, das von einem siebenköpfigen internen Projektteam geleitet wurde. Unterstützt von externen Dienstleistern, arbeitete das Team darauf hin, die Plattform schnell und gezielt auf den Markt zu bringen.
Im ersten Schritt wurde ein sogenanntes „Minimal Viable Product“ (MVP) entwickelt, das eine grundlegende, aber funktionsfähige Version der Plattform darstellt. Das MVP wurde gezielt entwickelt, um es schnell am Markt zu testen und wertvolle Erkenntnisse für die Weiterentwicklung zu gewinnen. Zunächst konzentrierte sich die Plattform auf das Thema Arbeitsrecht und integrierte die Arbeitszeugnis-Prüfung als ersten Service, der auch im Rahmen der bestehenden Rechtsschutzleistungen angeboten wurde.
Die ersten Monate konzentrierten sich auf Marktanalysen und die Entwicklung eines klaren Zielbildes. In Workshops wurden Prozesse, Funktionalitäten und das Design erarbeitet, um eine benutzerfreundliche und effiziente Plattform zu schaffen. Bereits kurz nach Beginn der Arbeiten konnte der erste Click-Dummy erstellt und in Usability-Tests überprüft werden.
Am 4. Juli 2022 ging die Plattform in einer minimalen, aber stabilen Version online. Sie bot eine übersichtliche Nutzeroberfläche, die Arbeitszeugnis-Prüfung als ersten Service, eine PayPal-Zahlungsintegration und eine barrierefreie Umsetzung.
Die Weiterentwicklung – Schritt für Schritt
Der Launch war nur der Beginn. In den Tagen nach dem Start wurde bereits der nächste Service eingeführt: eine telefonische Ersteinschätzung zum Thema Kündigung. Schritt für Schritt erweiterte sich die Plattform im Bereich Arbeitsrecht, fügte neue Dienstleistungen und Inhalte hinzu und erschloss zunehmend weitere Rechtsgebiete. Neben der Arbeitszeugnis-Prüfung kamen auch Tools wie eine automatisierte Testamentserstellung, die Prüfung von Arbeitsverträgen und ein Vorsorgeverfügungs-Assistent hinzu.
Zusammenarbeit mit Startups und Partnern
Ein weiterer Erfolgsfaktor war die Zusammenarbeit mit anderen digitalen Rechtsdienstleistern. Die ÖRAG / Deutsche Assistance-Gruppe setzte auf sowohl etablierte Marktakteure als auch auf innovative Startups, um das Angebot kontinuierlich zu erweitern. Ein Beispiel dafür ist das Startup Suitcase, das eine patentierte digitale Streitbeilegung entwickelt hat. Anfangs war das Tool auf Arbeitsrecht und Kündigungen fokussiert, aber nach Gesprächen mit dem Team wurde ein neues Produkt zur Mietkaution entwickelt, das im April 2024 live ging.
Integration mit dem MEINRECHT-Kundenportal
Ein wichtiger Schritt war die Umsetzung der Vision, versicherte Kunden und Nichtversicherte auf der gleichen Plattform zu vereinen. Ziel war es, eine durchgängige und nahtlose Customer Journey zu schaffen, sodass sich Kunden auf MEINRECHT.de stets in einem konsistenten Umfeld bewegen – unabhängig davon, ob sie die Plattform als rechtsschutzversicherte oder nichtversicherte Kunden nutzen.
Die Zukunft der Plattform
„Es gibt noch viel zu tun“, heißt es aus den Reihen der ÖRAG / Deutsche Assistance-Gruppe. Langfristig soll die Plattform sämtliche relevanten Rechtsgebiete abdecken und möglichst viele Partner integrieren. Dafür wird kontinuierlich nach neuen digitalen Lösungen gesucht, um den Kunden jederzeit schnelle und maßgeschneiderte Unterstützung bieten zu können.
Die Rechtsdienstleistungsplattform der ÖRAG / Deutsche Assistance-Gruppe ist ein Beispiel für die sich schnell verändernde Landschaft im Bereich Legal Tech. Sie zeigt, dass auch etablierte Unternehmen im Versicherungssektor mit Innovation und einer klaren Strategie den digitalen Wandel aktiv mitgestalten und ihren Kunden zukunftsfähige Lösungen anbieten können.
Insgesamt ist die Plattform ein Beispiel dafür, wie traditionelle Unternehmen den Bedarf an digitalen Rechtslösungen erkennen und mit innovativen Ansätzen die Wettbewerbslandschaft umgestalten können. Die ÖRAG / Deutsche Assistance-Gruppe hat nicht nur ihre bestehende Kundenbasis erweitert, sondern sich auch als Vorreiter im Bereich Legal Tech positioniert.
Autorin: Anja Topoll ist Teamleiterin Business Development und Legal Tech mit langjähriger Erfahrung im Legal Tech Bereich. Ihre Hauptaufgabe besteht darin, initial neue digitale Rechtsdienstleistungen aus Nutzersicht zu identifiziern, juristisch und qualitativ zu prüfen und deren Integration auf der Plattform für Nutzer:innen umzusetzen.






