Legal Tech Talk 2025: Künstliche Intelligenz in der Rechtsabteilung – Wo stehen wir wirklich?

Wie weit ist Künstliche Intelligenz (KI) wirklich in den Rechtsabteilungen angekommen? Diese Frage stand im Zentrum der fünften Online-Podiumsdiskussion „Legal Tech Talk“, die am 3. Juni 2025 stattfand. Unter der Moderation von Patrick Prior, dem Inhaber des Legal Tech Verzeichnis, diskutierten drei führende Stimmen der DACH-Region: Sophie Martinetz, Gründerin von Future-Law und Direktorin des Legal Tech Centers an der WU Wien, Elisa Cherner von Wolters Kluwer sowie Ioannis Martinis, Head of Innovation bei der Coop Rechtsschutz AG und Studienleiter des CAS Legal Tech an der HWZ Zürich. Die Aufzeichnung der kompletten Online-Podiumsdiskussion finden Sie hier auf YouTube.
Status Quo: Künstliche Intelligenz in der Rechtsabteilung
Schon zu Beginn wurde klar: Die Euphorie rund um KI ist groß – doch der tatsächliche Einsatz steckt vielerorts noch in den Kinderschuhen. „Es gibt unglaublich viele Möglichkeiten, aber auch viele Missverständnisse über das, was Künstliche Intelligenz wirklich kann – und was nicht“, betonte Sophie Martinetz. In der Praxis setzen Unternehmensjurist:innen KI derzeit vor allem dort ein, wo Prozesse standardisierbar sind: bei der Vertragsprüfung, beim Legal Research oder der Fristenverwaltung. Elisa Cherner ergänzte, dass viele Rechtsabteilungen bereits erste Pilotprojekte gestartet haben, die konkrete Effizienzgewinne zeigen. „Künstliche Intelligenz hilft nicht, Unternehmensjurist:innen zu ersetzen, sondern sie gezielt von Routinetätigkeiten zu entlasten. Damit bleibt mehr Raum für strategische Aufgaben“, so Cherner. Wichtig sei dabei vor allem, die Qualität der zugrunde liegenden Daten sicherzustellen – denn nur dann liefere die KI auch verlässliche Ergebnisse. Ioannis Martinis ging noch einen Schritt weiter und plädierte für einen Kulturwandel in den Rechtsabteilungen: „Die Technologie ist oft weniger das Problem als die fehlende Bereitschaft, Prozesse neu zu denken.“ Unternehmensjurist:innen müssten lernen, nicht nur mit Künstlicher Intelligenz umzugehen, sondern auch mit IT- und Datenabteilungen eng zusammenzuarbeiten. Er sieht in der Interdisziplinarität eine Schlüsselkompetenz für die kommenden Jahre.
Vom Risikomanager zum Strategen: KI verändert die Rolle der Rechtsabteilung
Doch trotz aller Begeisterung blieben auch kritische Töne nicht aus. Die Diskussion zeigte deutlich, dass Themen wie Haftung, Transparenz und Datenschutz nach wie vor große Herausforderungen für Unternehmensjurist:innen darstellen. Eine Künstliche Intelligenz, die etwa juristische Bewertungen trifft, müsse nachvollziehbar und auditierbar bleiben – besonders im Kontext von Compliance und regulatorischen Anforderungen. Einigkeit herrschte am Ende darin, dass KI die Arbeit grundlegend verändern wird – nicht über Nacht, aber in absehbarer Zeit. Die Rolle der Rechtsabteilung wird sich damit neu definieren: weg vom reinen reaktionären Feuerlöscher, hin zum strategischen Partner mit rechtlichem Weitblick. Die Weichen dafür werden schon jetzt gestellt.