„Wir brauchen eine große Bühne für die fundamentalen Fragen“
Ein Interview mit Jochen Brandhoff über die Funktion des German Legal Tech Summits, Senior Associates und Handwerksmeister.
Herr Brandhoff, Sie haben die Legal Revolution zur damals größten Kongressmesse für Legal Tech in Europa aufgebaut. Jetzt treiben Sie den German Legal Tech Summit mit voran. Warum machen Sie das?
Jochen Brandhoff: 700 Persönlichkeiten – von Bill Gates, OpenAI-Mitgründer Sam Altman und Anthropic-Mitgründerin Daniela Amodei über den Godfather of AI Geoffrey Hinton bis zu zahlreichen Rechtsprofessor:innen aus Harvard, Yale, Columbia, Oxford und Cambridge – sehen die Chancen Künstlicher Intelligenz, warnen in ihrem Statement on AI Risk aber zugleich vor existenziellen Gefahren. Da stellt sich die Frage: Wo bekommt diese grundlegende Debatte eine Bühne mit Substanz?
Rechtsabteilungen suchen KI-Tools, die wirklich funktionieren, und Wirtschaftskanzleien, die effizient arbeiten. Anwaltskanzleien suchen Legal-Tech-Lösungen, die messbar Zeit sparen, und Geschäftsmodelle jenseits der Billable Hour. Compliance-Organisationen suchen revisionssichere Automatisierungstools für die wachsende Regulierung. Aber wo finden sie das alles?
Die Antwort ist immer dieselbe: Auf einer europäischen Leitmesse, die beides ist: Impulsgeberin für fundamentale Debatten und Marktplatz für konkrete Lösungen. Und genau dazu bauen wir den German Legal Tech Summit aus.
Sie betonen oft den Messe-Fokus als wichtiges Element Ihrer Vision. Können Sie das konkretisieren? Warum ist eine Messe heute wichtiger als ein Kongress?
Jochen Brandhoff: Als ich früher General Counsel eines börsennotierten Unternehmens war und mir die Ausgaben für externe Rechtsanwälte ansah, dachte ich öfter: Gute Arbeit, aber geht das nicht preiswerter? Diese Frage stellen sich Hunderte GCs. Nach der Gründung meiner Wirtschaftskanzlei habe ich gesehen: Ein besseres Preis-Leistungs-Verhältnis ist machbar. Allerdings ist es schwer gewesen, geeignete Lösungen für Automatisierung, Workflows, Vertragsanalyse, Dokumentenmanagement, Zusammenarbeit usw. zu finden und zu vergleichen. Eine Messe ermöglicht das. Sie bietet einen Marktüberblick, schafft Transparenz und führt Anbieter und Abnehmer zusammen. Der Besucher geht von Stand zu Stand, probiert die KI-Tools aus, vergleicht Software und Dienstleistungen und kann gleich mit den Anbietern über den Preis sprechen. Innovationen entstehen heute meiner Ansicht nach häufiger beim Testen am Messesstand als beim Zuhören im Vortragssaal.
Der Markt für Legal-Tech-Events ist in Bewegung. Gerade hat Staatsminister Eisenreich eine Initiative in Bayern angekündigt. Wie finden Sie das und wie positioniert sich der German Legal Tech Summit in diesem dynamischen Umfeld?
Jochen Brandhoff: Ich bin Herrn Eisenreich und dem Legal-Tech-Referat des Bayerischen Justizministeriums für die starke Unterstützung meiner damaligen Messe sehr verbunden. Mehr Events bedeuten auch mehr Sichtbarkeit für Legal Tech und Innovationen im Recht. Ein fragmentierter Markt steigert aber auch den Bedarf nach einem zentralen Ort der Orientierung. Genau dafür steht der GLTS – mit drei klaren Stärken. Erstens: Der schon erwähnte Messe-Charakter. Der Summit entwickelt sich zu einer Leistungsschau des gesamten Rechts- und Compliance-Marktes. Von diesem klaren Käuferfokus profitieren Besucher:innen und Aussteller. Zweitens: Die Internationalität. Der Summit hat den klaren Anspruch, ein europäisches Event zu werden. Denn die Herausforderungen im Recht sind grenzüberschreitend. Wir denken Beschaffung, Standards und Governance europäisch. Drittens: Der Anspruch als Leitevent – über den Grund haben wir gesprochen. Das ist kein exklusiver Anspruch, sondern ein Angebot an den gesamten Markt. Eine starke Kongressmesse in Deutschland ist im Interesse des gesamten Rechtsstandorts Deutschland und Europa. Deshalb ist der GLTS darauf angelegt, Kräfte zu bündeln statt sie zu spalten. Der Summit ist bewusst kooperativ aufgestellt. Wir wollen mit Verbänden, Organisationen, Justizministerien, Universitäten, Unternehmen, Kanzleien und anderen Veranstaltern zusammenarbeiten, die an diesem wichtigen Baustein für einen starken und zukunftsfähigen Rechtsmarkt mitwirken möchte. Es geht darum, gemeinsam die notwendige Infrastruktur für die Zukunft des Rechts in Deutschland und Europa zu schaffen. Kurzum: der GLTS wird Europas Messe-Festival für Recht und Compliance!
Sie sprechen von Effizienz und messbaren Ergebnissen. Gleichzeitig nehmen Wirtschaftskanzleien immer noch hohe Stundensätze. Ist das noch zeitgemäß?
Jochen Brandhoff: Trotz viel diskutierter Alternativen wie Pauschalen sind Stundensätze in der wirtschaftsberatenden Rechtspraxis immer noch die häufigste Vergütungsform – immerhin immer öfter mit einem klaren Cap. Aber die Stundensätze sind nicht das Hauptproblem, die fehlende Transparenz ist es. Ein Handwerksmeister nimmt unter 100 Euro pro Stunde und man kann ihm beim Arbeiten zusehen. Für einen Senior Associate nehmen Kanzleien das Mehrfache – aber welcher Output, welcher Automatisierungsgrad und welche Qualitätssicherung stecken dahinter? Rechts- und Compliance-Abteilungen müssen ihre Budgets rechtfertigen. Sie wollen wissen: Zahlen wir die Anwaltskanzleien wirklich für effiziente Prozesse und moderne Technik? Manche Großkanzleien sind hier Vorreiter. Sie optimieren ihre Ablauforganisation, automatisieren Standardprozesse, investieren in Legal Tech und Digitalisierung und bauen eigene Innovation Labs auf. Genau das macht der GLTS sichtbar. Wirtschaftskanzleien werden zu einer wichtige Ausstellergruppe des Summits. Bei uns können sie zeigen, wie sie sich unterscheiden und warum Rechtsabteilungen sie zurecht mandatieren.
Man spürt, dass der GLTS die konkreten Bedürfnisse des Marktes adressieren möchte. Sie selbst engagieren sich für den GLTS, sind aber auch weiter als Rechtsanwalt tätig. Was machen Sie konkret und wie profitiert der GLTS davon, dass Sie Messe-Erfahrung mit Rechtspraxis verbinden?
Jochen Brandhoff: Der GLTS profitiert von vielen klugen und engagierten Menschen beim German Legal Tech Hub und der Deutschen Messe. Das ist einer der Gründe, warum ich fest an das Event glaube. Meine eigene praktische Tätigkeit ist auch nützlich. Ich bin als Schiedsrichter in wirtschaftsrechtlichen Schiedsverfahren tätig. Und als Problemlöser begleite ich Unternehmer:innen durch Deadlocks, Konflikte und andere kritische Situationen, die nur durch ein Zusammenspiel aus unternehmerischer, menschlicher und anwaltlicher Erfahrung bewältig werden können. Aus diesen und meinen vorherigen Tätigkeiten weiß ich genau, was die Entscheider in Recht und Compliance umtreibt. Das fließt direkt in den German Legal Tech Summit ein. Der GLTS ist ein Event aus dem Rechtsmarkt für den Rechtsmarkt.






