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Von der Vertragsprüfung zur Dokumentenerstellung: Wie KI die Rechtsbranche verändert

Ein iPhone Moment – so beschrieben Ende 2022 gleich mehrere Medien die Veröffentlichung von ChatGPT vom US-amerikanischen Unternehmen OpenAI. Dieses „Next Big Thing“ konnte in Sekundenschnelle z. B. mathematische Aufgaben lösen, Texte generieren oder übersetzen – schneller als jeder Mensch.

Dieser technologische Fortschritt ist inzwischen schon längst in der Rechtswelt angekommen und bietet zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten, die für Rechtsanwält:innen, Notar:innen und Rechtsabteilungen von großem Interesse sind.

Im juristischen Bereich sind KIs, insbesondere Large Language Models wie ChatGPT oder Claude, besonders häufig im Einsatz. Diese Modelle können verwendet werden, um verschiedenste Arten von Texten zu generieren. Darüber hinaus unterstützen sie auch bei der Analyse oder der Verarbeitung großer Datenmengen.

Ein Beispiel für die Nutzung von generativer KI ist die Erstellung juristischer Dokumente, wie Verträge oder Klageerwiderungen. Bislang war es notwendig, aufwendig Klausel-Bibliotheken oder Vertragsvorlagen zu pflegen. Für diejenigen, denen dies zu zeitaufwendig war, wurden oft alte Verträge kopiert und mit neuen Informationen versehen, was zu einer hohen Fehleranfälligkeit führte.

Mit der neuen Methode der Dokumentenerstellung durch generative KI können sowohl der Zeitaufwand als auch die Fehlerquote erheblich reduziert werden. Um Verträge basierend auf den bisher in der Kanzlei, dem Notariat oder der Rechtsabteilung erstellten Dokumenten zu generieren, kann der generativen KI eine Auswahl dieser Dokumente zur Verfügung gestellt werden, sodass sie neue Dokumente in gleicher Form und Tonalität erstellen kann.

Geschlossene Systeme, die ausschließlich auf den bestehenden Dokumentenbestand in der Kanzlei oder Rechtsabteilung zugreifen und durch gezieltes Prompting (Anweisung an das KI System) spezifische Einschränkungen und Bedingungen für das gewünschte Format und den Inhalt festlegen, tragen dazu bei, Halluzinationen zu minimieren oder vollständig zu eliminieren. Durch eine vorherige Anonymisierung der Dokumente können zudem der Datenschutz und das Berufsrecht gewahrt werden.

Ein hilfreicher Anwendungsfall für analytische KI im juristischen Umfeld ist die detaillierte aber dennoch sekundenschnelle Prüfung von Verträgen und anderen Dokumenten – ganz gleich ob als Word-Datei oder als Scan. Diese Technologie ermöglicht eine effiziente Überprüfung von Vertragsbedingungen, -klauseln und -bestimmungen hinsichtlich beispielsweise Compliance-Themen und liefert wertvolle Erkenntnisse, um die Einhaltung von Rechtsvorschriften zu gewährleisten und Risiken zu minimieren.

Dadurch können risikoreiche oder nicht konforme Inhalte von Dokumenten schnell identifiziert werden und anschließend durch passendere Formulierungen ersetzt werden. Auch interne Compliance-Regeln können durch gezieltes Prompting und die Anreicherung des Systems mit diesen Informationen so überprüft werden.

Grundlegend lässt sich festhalten, dass generative und analytische KI vielfältige Anwendungsmöglichkeiten bietet und die Arbeit von Jurist:innen erheblich verändert. Sie automatisiert zeitaufwendige Routineaufgaben und steigert gleichermaßen die Effizienz und Genauigkeit.

Generative KI:


Generative Künstliche Intelligenz (KI) besitzt die Fähigkeit, Dokumente, Bilder, Musik und vieles mehr zu erstellen. Diese Intelligenz wird durch maschinelles Lernen und neuronale Netzwerke mit einer großen Menge an Daten trainiert und liefert Ergebnisse basierend auf Wahrscheinlichkeiten.

Analytische KI:


Analytische Künstliche Intelligenz (KI) analysiert und interpretiert bestehende Daten, um Muster und Beziehungen zu erkennen, Informationen zu extrahieren und Erkenntnisse zu gewinnen. Sie automatisiert die Datenanalyse – eine traditionell zeit- und menschenaufwändige Aufgabe.

Autorin: Vanessa Eichler ist eine erfahrene Produktmanagerin mit Spezialisierung auf Kanzleimanagementsysteme. Ihre Hauptaufgabe besteht darin, Künstliche Intelligenz (KI) und Automatisierung in die Programme zu integrieren, um die Effizienz und Produktivität von Kanzleien maßgeblich zu verbessern.

Autorin: Elisaweta Cherner ist Sales und Business Development Representative mit langjähriger Erfahrung im juristischen Informationsbereich. Ursprünglich aus Hamburg stammend, hat sie ihre Karriere als juristische Fachbuchhändlerin begonnen und bringt nun ihre Expertise von ihrem Standort in Amsterdam in die Arbeit ein, um maßgeschneiderte Lösungen für Rechtsabteilungen anzubieten.