Fachartikel

Die automatisierte Rechtsberatung mit Hilfe von Agents

Die technologische Revolution in der Rechtsberatung zeichnet sich durch die Einführung von künstlicher Intelligenz (KI) und maschinellem Lernen aus. Besonders die Entwicklung von Language Models (LLMs) und die Integration von Agents führen zu einer erheblichen Effizienzsteigerung in Kanzleien und Rechtsabteilungen. Diese Technologien ermöglichen eine neue Ära der Informationsverarbeitung, in der juristisches Wissen schneller und genauer als je zuvor zugänglich und anwendbar gemacht wird.

Fortschrittliche juristische KI-Tools: Kombination von semantischer Suche und LLMs

Moderne juristische KI-Tools kombinieren die Leistungsfähigkeit der semantischen Suche mit den jeweils besten am Markt verfügbaren Sprachmodellen (LLMs). Diese Kombination schafft leistungsstarke Systeme, die darauf trainiert sind, juristische Texte zu interpretieren und zu generieren. Diese Tools nutzen die Daten aus der semantischen Suche, um präzise und kontextbezogene Antworten zu generieren, die über einfache Textgenerierung hinausgehen.

Agents: Funktionsweise und Anwendung in LLMs

Agents in LLMs sind fortschrittliche Algorithmen, die darauf ausgelegt sind, spezifische juristische Aufgaben automatisch auszuführen. Sie interagieren mit dem LLM, um auf der Grundlage von vorgegebenen Benutzeranweisungen (Prompts) und dem durch die semantische Suche bereitgestellten Kontext spezifische Ausgaben zu generieren.

Funktionsweise von Agents:

1. Aufgabenspezifische Programmierung: Jeder Agent ist für eine bestimmte juristische Aufgabe optimiert, wie z.B. Vertragsanalyse, Risikobeurteilung oder Compliance-Prüfung.

2. Kontextuelle Anpassung: Agents können ihre Funktionsweise basierend auf dem spezifischen rechtlichen Kontext und den Anforderungen des Benutzers anpassen.

3. Interaktion mit dem LLM: Agents formulieren gezielte Anfragen an das LLM, um relevante Informationen zu extrahieren und zu verarbeiten.

4. Entscheidungsfindung: Basierend auf vordefinierten Kriterien und dem Input des LLM treffen Agents autonome Entscheidungen innerhalb ihres Aufgabenbereichs.

5. Ausgabegenerierung: Agents erzeugen strukturierte Ausgaben, die direkt in juristische Workflows integriert werden können.

Anwendungsbeispiele in der juristischen Praxis:

1. Due-Diligence-Agent: Dieser Agent könnte automatisch große Mengen an Unternehmensdokumenten analysieren, potenzielle rechtliche Risiken identifizieren und einen detaillierten Bericht erstellen.

2. Compliance-Überwachungs-Agent: Ein solcher Agent könnte kontinuierlich neue Gesetze und Vorschriften überwachen und automatisch Handlungsempfehlungen für notwendige Anpassungen in Unternehmenspolitiken generieren.

3. Vertragsoptimierungs-Agent: Dieser Agent könnte bestehende Verträge analysieren, Klauseln identifizieren, die möglicherweise nachteilig für den Mandanten sind, und Verbesserungsvorschläge machen.

4. Rechercheassistent-Agent: Dieser Agent könnte komplexe juristische Recherchen durchführen, relevante Quellen identifizieren und eine strukturierte Zusammenfassung der Ergebnisse liefern.

Die Integration von Agents in LLMs ermöglicht eine neue Ebene der Automatisierung und Präzision in der juristischen Arbeit. Sie können repetitive und zeitaufwendige Aufgaben übernehmen, wodurch Anwälte mehr Zeit für strategische Beratung und komplexe rechtliche Analysen haben.

Vorteile und Ausblick

Die Implementierung von Technologien wie LLMs und Agents in Rechtskanzleien führt zu signifikanten Vorteilen und transformativen Auswirkungen auf die gesamte Rechtsbranche:

1. Zeitersparnis: Studien zeigen, dass der Einsatz von KI-gestützten Rechtstools die Zeit für Rechercheaufgaben um bis zu 70% reduzieren kann.

2. Kosteneffizienz: Die Kosten für bestimmte juristische Dienstleistungen können um 20-30% gesenkt werden.

3. Erhöhte Genauigkeit: KI-Systeme können große Datenmengen mit einer Präzision von über 90% analysieren.

4. Gesteigerte Mandantenzufriedenheit: Kanzleien, die KI-Tools einsetzen, berichten von einer Zunahme der Kundenzufriedenheit um bis zu 25%.

5. Skalierbarkeit: KI-gestützte Systeme ermöglichen Kanzleien, ihr Geschäft zu skalieren, ohne proportional mehr Personal einstellen zu müssen.

Transformative Auswirkungen:

1. Demokratisierung des Rechtszugangs: KI-Tools machen rechtliche Dienstleistungen erschwinglicher und zugänglicher für eine breitere Bevölkerungsschicht.

2. Spezialisierung: Anwälte können sich auf hochspezialisierte Bereiche konzentrieren und tiefergehendes Expertenwissen entwickeln.

3. Innovative Geschäftsmodelle: Vollständig digitale Rechtsberatung und KI-gestützte Selbstbedienungsportale werden zunehmend realisierbar.

4. Interdisziplinäre Zusammenarbeit: Neue Rollen wie „Legal Technology Officer“ oder „AI Ethics Counsel“ entstehen in Kanzleien und Rechtsabteilungen.

5. Globalisierung der Rechtsdienstleistungen: KI-gestützte Übersetzungstools und multilinguale Rechtsdatenbanken erleichtern die grenzüberschreitende Rechtsberatung.

6. Transformation der juristischen Ausbildung: Rechtsfakultäten integrieren zunehmend KI und Legal Tech in ihre Curricula.

7. Neugestaltung von Compliance und Risikobeurteilung: KI-gestützte Compliance-Systeme ermöglichen eine kontinuierliche Echtzeit-Überwachung von Geschäftsprozessen auf rechtliche Konformität.

8. Veränderte Dynamik zwischen Anwälten und Mandanten: Mandanten werden durch KI-gestützte Rechtsinfosysteme besser informiert und stellen höhere Anforderungen an die Expertise ihrer Anwälte.

Die Integration von KI und insbesondere Agents in die Rechtsbranche geht weit über bloße Effizienzsteigerungen hinaus. Sie führt zu einer grundlegenden Neugestaltung der Art und Weise, wie Recht praktiziert, gelehrt und erlebt wird. Diese Veränderungen bieten enorme Chancen für Innovation und Verbesserung des Rechtssystems und werden die Zukunft der Rechtsbranche maßgeblich prägen. Die automatisierte Rechtsberatung mit Hilfe von Agents steht an der Spitze dieser Transformation und verspricht, die Effizienz und Qualität juristischer Dienstleistungen auf ein neues Niveau zu heben.

Autor: Rechtsanwalt Michael Friedmann ist Mitgründer von Prime Legal AI sowie Lehrbeauftragter für KI und Recht an der Leibniz Universität Hannover und der Universität Wien.

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